Pionierarbeit in Heidelberg: Stieber Twins, Advanced Chemistry, Torch
Anfang der 1980er-Jahre schwappte die HipHop-Kultur aus den USA nach Deutschland, importiert meist von amerikanischen Soldat*innen. So hat sich unter anderem in Heidelberg die Szene früh entwickelt und prägt den deutschen HipHop bis heute. Deshalb wurde der Heidelberger HipHop inzwischen sogar als Immaterielles Kulturerbe der UNESCO ausgezeichnet.
Die vierteilige Fernsehdoku „HipHop – Made in Germany“, jetzt in der ARD Mediathek:
In Heidelberg wurde Pionierarbeit für den deutschen HipHop geleistet. Von Beginn an ganz vorne mit dabei sind Frederik Hahn alias Torch, Mitbegründer von Advanced Chemistry, und die Stieber Twins.
Neben der Musik haben sie schon früh auch Breakdance und Graffiti gemacht. Und sie haben auf Deutsch gerappt. Ihre sozialkritischen Texte haben das Publikum dadurch unmittelbar erreicht, ihre frühen Produktionen gelten als stilprägend.
Advanced Chemistry: Sozialkritischer Rap aus Heidelberg (1992)
Mannheim: Der Pop-Ruhm kommt mit den „Söhnen Mannheims“
Bevor sich Mitte der 1990er-Jahre die „Söhne Mannheims“ gründeten, war die Stadt nicht unbedingt für ihre Musik berühmt. Das änderte sich quasi über Nacht. Schon die zweite Single „Geh davon aus“ landete auf einem Spitzenplatz in den Charts.
Mit ihrer Mischung aus Soul und HipHop haben die „Söhne Mannheims“ einen ganz neuen Sound etabliert. Doch Ex-Frontmann Xavier Naidoo und dessen teilweise nach Verschwörungstheorien klingenden Texte haben auch schon früher Anstoß erregt.
Neue Töne von der Popakademie
Mittlerweile haben sich die „Söhne Mannheims“ von Naidoo distanziert und ihr inzwischen siebtes Studioalbum veröffentlicht. Die Mannheimer Popakademie sorgt weiterhin für HipHop-Nachwuchs aus der Quadratestadt.
Absolvent ist etwa der Rapper, Sänger und Beatboxer Luis Baltes aus Landau in der Pfalz. Seit 2018 ist er Mitglied der legendären HipHop-Band „Fünf Sterne deluxe“. Auch der Rapper Danny Fresh hat sein Handwerk an der Popakademie gelernt.
Underground und Subkultur auch in der Provinz
Nicht nur im pfälzischen Landau haben sich die Jugendlichen wie Luis Baltes in den 1980er- und 1990er-Jahren ihre Freiräume gesucht, um HipHop zu hören, Graffiti zu sprayen und zu skaten.
Udo Dahmen von der Mannheimer Popakademie sagt: „In der HipHop-Hochzeit wurden überall Freestyle-Sessions gemacht. Bei diesen Wettbewerben sind Rapper gegeneinander angetreten. Wer am besten war, blieb am Ende übrig.“
Im Gegensatz zu den meisten anderen Musikstilen können Rap und Beatboxing ganz ohne Equipment geübt werden – HipHop war damit von Anfang an für jeden zugänglich.
Legendäre Partys in Mainz dank Akim Walta
Bald etablierten sich auch im Südwesten Deutschlands feste Locations für HipHop-Partys und Rap Battles. Ein sehr früher Hotspot war in Mainz: Der Grafitti-Writer und HipHop-Produzent Akim Walta wurde hier 1970 geboren. Seit Beginn der 1990er-Jahre veranstaltete er in seiner Geburtsstadt und in München bis heute legendäre HipHop-Partys.
Sein Unternehmen MZEE – der Name bezieht sich unter anderem auf das Mainzer Autokennzeichen – hat maßgeblich für die Etablierung der HipHop-Kultur im europäischen und vor allem im deutschsprachigen Raum gesorgt. Waltas Schallplattenlabel brachte unter anderem die ersten CDs von Advanced Chemistry oder Ferris MC heraus.
Stuttgart: HipHop-Größen vom Neckar
Epizentrum des HipHop im Südwesten ist eindeutig Stuttgart. Mit „Die Fantastischen 4“, „Freundeskreis“ und „Massive Töne“ kamen gleich drei der bedeutendsten Bands aus der Landeshauptstadt.
Partys, Clubs wie das „0711“ und einschlägige Plattenläden haben die HipHop-Begeisterten aus ganz Deutschland angelockt und auf die gesamte Region ausgestrahlt. Kein Wunder, dass auch berühmte jüngere Stars wie Cro, RIN oder Bausa auffällig oft aus dem Stuttgarter Umland stammen.
Platin-Platte von 1999: „MfG“ von den Fanta 4
Szene entwickelt sich weiter
Apache 207 – 1997 in Mannheim geboren, aufgewachsen in Ludwigshafen – ist aktuell einer der erfolgreichsten Musiker Deutschlands. Wie viele seiner Vorgänger in der südwestdeutschen HipHop- und Rap-Branche hat er sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet.
Die ersten großen Hits hatte er mit selbstgedrehten Videos und ohne großes Plattenlabel im Rücken. Die so genannte „street credibility“ ist also damals wie heute eine unbezahlbare Stärke erfolgreicher Rap-Künstler*innen.
In den Jugendzentren, Tanzschulen und Sportplätzen, auf Schul- und Hinterhöfen üben schon jetzt die Stars von morgen.