Oft scheint es unvorstellbar, einen charismatischen Sänger zu ersetzen, der den Sound, die Texte und das Image einer Band maßgeblich mitgeprägt hat. Gerade im Falle von Linkin Park und Chester Bennington schien das Ende der Band für die Fans besiegelt, als sich Bennington 2017 das Leben nahm.
Nach dem Tod von Chester Bennington Linkin Park-Reunion mit neuer Sängerin Emily Armstrong
Mit Emily Armstrong wird künftig eine Frau die neue Sängerin von Linkin Park, an der Seite von Rapper Mike Shinoda. Die neue Single „The Emptiness Machine“ erscheint am 5. September, Ende September spielt die Band ein Deutschland-Konzert in Hamburg.
Dabei zeigt vor allem die Rock-Geschichte, dass ein solcher Wechsel nicht zwangsläufig das Ende der Band bedeuten muss. Im Gegenteil.
Für manche Bands eröffnet ein neuer Frontmann nicht nur die Chance auf frischen Wind, sondern auch auf einen musikalischen Neuanfang. Der Beginn einer neuen Ära kann dabei alte Fans und neue Zielgruppen gleichermaßen ansprechen.
Fünf besonders prominente Beispiele zeigen, dass eine Neubesetzung am Mikrofon für eine Band ganz neue Türen öffnen kann.
Lang lebe die Königin: Queen mit Adam Lambert und Paul Rodgers
Queen ohne Freddie Mercury? Unvorstellbar, sollte man meinen, denn einen Jahrhundert-Frontmann wie Mercury zu ersetzen scheint auf den ersten Blick unmöglich. Aber nicht immer muss ein Ersatz auch mit einem Vergleich einhergehen, vielmehr kann ein Neuanfang auch frische Impulse setzen.
2004 holen sich Queen-Gitarrist Brian May und Drummer Roger Taylor den Sänger Paul Rodgers an Bord. Gemeinsam rufen sie das Projekt „Queen + Paul Rodgers“ ins Leben. Für einige Jahre geht die Kombo zusammen auf Tournee, produziert ein Album und begeistert weltweit die Massen. Die Zusammenarbeit versteht sich von Anfang an als zeitlich begrenztes Projekt und endet nach fünf Jahren.
2012 folgt mit Adam Lambert dann ein neuer Sänger, der den alten Queen-Hits modernen Glanz verleiht und vor allem jüngere Fans anspricht. Die Konzerte werden zu einem weltweiten Massenphänomen, bei dem vor allem junge Fans die Musik feiern können, die sie durch den frühen Tod Freddie Mercurys nie live erleben konnten.
AC/DC: Das erfolgreichste Album der Bandgeschichte kommt mit Sänger Nummer 2
Denkt man an AC/DC, hat man sofort das Zusammenspiel aus markanter Stimme und prägnantem Gitarrensound im Ohr. Der unverwechselbare Klang wird damals maßgeblich von Bon Scott geprägt, der 1980, kurz nach den Aufnahmen zu „Highway to Hell“, jedoch an einer Alkoholvergiftung stirbt.
Hier könnte die Erfolgsgeschichte der Australier enden, doch mit Brian Johnson findet die Band schnell einen Ersatz, der kurz nach seinem Einstieg dem bis heute erfolgreichsten Album der Bandgeschichte „Back in Black“ seine Stimme leiht.
Die Ära Brian Johnson beginnt mit einem lauten Knall und dauert bis heute an: Erst im Sommer 2024 spielte die Band rund um Leadgitarrist Angus Young zahlreiche umjubelte Open-Air-Konzerte in Deutschland.
Von Peter Gabriel zu Phil Collins, danach bergab: Genesis
Mit einem neuen Sänger kann manchmal auch ein neuer Stil einhergehen. So geschehen bei Genesis, die in den 1970er-Jahren als wichtigste Vertreter des Prog-Rock mit ihrem Frontmann Peter Gabriel anspruchsvolle Arrangements zu ihrem Kerngeschäft machen.
Als Gabriel immer mehr in den Mittelpunkt rückt, kommt es zu Spannungen innerhalb der Band. Gabriel geht schließlich 1975. Die Sängersuche gestaltet sich schwierig, obwohl die Lösung längst parat liegt: Drummer Phil Collins, der selbst erst 1970 zur Band gestoßen ist, wird schließlich zum neuen Frontmann und drückt der Band auf der Stelle einen neuen Stempel auf.
Wo früher komplexe Instrumentierungen den Sound von Genesis prägten, steht jetzt klassischer Mainstream-Rock auf dem Programm, der in den Radios hoch und runter läuft. So wird Genesis schließlich zu einer der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten. Zwei Sänger, zwei Äras, zwei Stilrichtungen: Auch so kann es gehen.
Van Halen: Vom Glam-Rock zu Radio-Stars
Wallende Haare, feminine Looks: In den späten 1970er-Jahren definieren Van Halen, benannt nach ihrem Leadgitarristen Eddie van Halen und seinem Bruder, Schlagzeuger Alex, den Sound des Glam-Metals. Innovative Hits wie „Jump“ machen Van Halen und Frontmann David Lee Roth schnell zu Legenden im Rock-Business. Entsprechend erschüttert zeigen sich die Fans, als sich die Band mit Roth überwirft und er im Streit aussteigt.
Auch hier ist das nicht das Ende des Erfolgs: Direkt mit dem ersten Album „5150“ mit dem neuen Sänger Sammy Hagar stürmen Van Halen erstmals die Chartspitze in den USA. „Why Can't This Be Love“ wird zu einem der größten Hits der Band, doch auch Hagar bleibt nicht für immer.
Mit dem Ersatz Gary Cherone geht es für die Band dann bergab, bis auch er geht. 2007 kommt es dann zu einer Tour, bei der Roth wieder hinter dem Mikrofon steht. Er bleibt bis zum Krebstod von Eddie van Halen 2020, der gleichzeitig das Ende der Band markiert.
Iron Maiden
Sänger Bruce Dickinson, der die „Ed Force One“, das bandeigene Flugzeug von Iron Maiden, durch die Welt fliegt, ist längst Kult und als Frontmann scheinbar untrennbar mit der Metalband verwunden. Dabei ist Dickinson bereits der vierte Sänger der Band. Er kommt 1981, erst sechs Jahre nach Bandgründung, an Bord der eisernen Jungfrau.
Damit nicht genug: In den 1990er-Jahren steigt er für sechs Jahre aus, ehe er dann wieder bei Iron Maiden einsteigt. Trotz aller Turbulenzen gilt Bruce Dickinson als der Sänger der Band, der vor allem bei dem musikalischen Meilenstein der Band singt: „The Number of the Beast“.
So verhält sich das zumindest im Mainstream, denn in Metal-Kreisen gilt es als Glaubensfrage, welchen der Sänger man favorisiert. Ganz gleich, ob das nun Paul Day, Dennis Wilcock, Paul Di'Anno, Blaze Bayley oder eben Bruce Dickinson sein mag: Iron Maiden beweisen, dass man auch nach einem Wechsel hinter dem Mikrofon erfolgreich weitermachen kann.