Der Debütroman der 1993 in München geborenen Autorin Ronya Othmann erzählt von der Zerrissenheit eines jesidischen Mädchens, das in Deutschland aufwächst, deren familiäre Wurzeln aber im kurdischen Teil Syriens liegen.
Leyla hat ihren Rucksack gepackt. Sie hat sich entschieden. Sie wird Deutschland verlassen, aufbrechen in ein anderes Leben. Während Leyla auf die Straßenbahn wartet, besucht sie im Kopf noch einmal das Haus der Großeltern im Norden Syriens. Denkt an die unbeschwerten Sommerferien, die sie dort Jahr für Jahr verbracht hat. Stellt sich die karge Landschaft vor, erkennt in der Ferne „eine Bergkette, die Grenze zur Türkei“.
Was sich an dieser Grenze abgespielt hat, war der Genozid an den kurdischen Jesiden, jener uralten Glaubensgemeinschaft, die ursprünglich im nördlichen Irak, Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei lebten.
Leyla erfährt von den Gräueltaten zunächst aus sicherer Distanz. Sie lebt in einem Ort bei München, und der Roman erzählt im Rückblick, warum sie mitten im syrischen Bürgerkrieg in die Heimat des Vaters reist.
Ein politisch relevanter Text, der leider erzähltechnisch überfrachtet und mindestens so zerrissen ist wie die schematisch gezeichnete Hauptfigur.
SWR2 Zeitgenossen Düzen Tekkal, Journalistin
Die Journalistin und Filmemacherin Düzen Tekkal hat 2014 einen vielbeachteten Dokumentarfilm über den Genozid an den Jesiden im Irak gemacht. Mit ihrem Menschenrechtsverein Hawar engagiert sie sich für die Rechte ihres Volkes. Darüber hinaus kämpft sie für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein friedliches Zusammenleben in Deutschland. "Im Zeitalter des Postfaktischen müssen wir unsere Werte jeden Tag aufs Neue verteidige", fordert Tekkal und spricht von den "Bösen Zwillingen", die die deutsche Demokratie gefährden. Den einen nennt sie Rechtspopulismus, den anderen religiös-kulturell-traditionellen Extremismus.