Vermeintlich klare Unterscheidungen von Gut und Böse haben Konjunktur. Dabei würde uns die gemeinsame Wahrheitssuche, der Austausch, viel mehr helfen, so, wie es jüdische Denktraditionen vorlebten, findet die jüdische Autorin Mirna Funk. „Von Juden lernen“ hat sie deshalb auch ihr neues Buch genannt.
Das jüdische Streitgespräch als Prozess der Wahrheitsfindung
Im jüdischen Streitgespräch stehe der Prozess Wahrheitsfindung, der Austausch, im Vordergrund, sagt Funk: „Und wenn ich einen Streit nicht führe, um als Gewinner herauszukommen, werde ich durch diesen Dialog mehr Erkenntnisse bekommen.“
So könne man auch jenem dichotomem Denken vorbeugen, das zur Zeit so grassiere. Denn in Funks Interpretation des jüdischen Streitgesprächs ist klar: „Ein Mensch, ein Staat, eine Kultur ist niemals nur Unterdrücker oder Unterdrückter, sondern immer beides zugleich.“ Deshalb weist Mirna Funk auch immer wieder darauf hin, dass es nicht um Utopien gehen könne, sondern um eine bessere Welt.
Es geht nicht um Utopien, sondern um eine bessere Welt
Überhaupt hielten jüdische Denktraditionen dazu an, sich aktiv für eine bessere Welt einzusetzen, sagt Funk. „Tikun Olam“ heißt dieses Prinzip, das Funk als eines von acht in „Von Juden lernen“ beschreibt.
Das ließe sich – so beschreibt es Mirna Funk – zurückführen auf einen entscheidenden Unterschied zwischen Judentum und Christentum: „Im Judentum ist der Messias noch nicht erschienen. Stattdessen kann jeder einzelne die Welt zu einem besseren Ort machen.“
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Mirna Funk polarisiert: Sie schreibt über Sex, über ihr Leben als glückliche Single-Mutter, sie klärt über das moderne Judentum auf und studiert nebenbei Philosophie an der Humboldt-Universität. Zudem ist sie Autorin zweier Romane und zahlreicher Artikel. Mirna Funk wuchs als eine der wenigen Jüdinnen in der DDR auf. In Berlin lebt sie noch heute mit ihrer kleinen Tochter, doch auch Tel Aviv ist für sie Heimat. Für ihre Art zu leben, erfährt sie viel Anfeindungen, auch von linken Feministinnen.