Bereits die voran gegangenen Romane der 1989 geborenen Österreicherin Valerie Fritsch bestachen durch Formulierungslust und eine ungewöhnliche Bildsprache. Sie hat zahlreiche Preise erhalten, für „Herzklappen von Johnson und Johnson“ etwa den Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau. Beim Bachmannwettbewerb gewann sie 2015 den Publikumspreis.
Fritschs neuer Roman „Zitronen“ ist eine düstere Geschichte über fehlgeleitete Liebe und Gewalterfahrungen, die man nicht mehr loswird: Am Rande eines Dorfes wächst August Drach in einem mit Flohmarktware und Kuriositäten vollgestopften Haus auf. Der Vater liebt seine Hunde, aber misshandelt seinen Sohn. Die Mutter wiederum ist angetrieben von der Sehnsucht, etwas Besonderes zu sein.
Eines Nachts verschwindet der Vater spurlos und kehrt nicht mehr zurück. Die Mutter wendet ihre Aufmerksamkeit auf diabolische Weise dem Sohn zu. Sie macht ihren eigenen Sohn krank, um sich selbst zu spüren und um die ersehnte tragische Komponente in ihrem Leben zu haben. Ein pathologisches Verhalten, das auch Münchhausen-Stellvertretersyndrom genannt wird.
Wie tief die Verletzungen sind, wie sehr sich die Gewalt in August hineingefressen hat, wird sich erst ganz am Ende dieses Romans zeigen. Valerie Fritsch beweist, dass Literatur erst dann groß wird, wenn eine Autorin sich auf ihre Sprache verlassen kann.