Das Reisen gehört zum Grundmotiv in allen Romanen des 1954 geborenen Schriftstellers Arnold Stadler. Stadler, 1999 mit dem Büchnerpreis ausgezeichnet, verbrachte seine Kindheit und Jugend in dem Dorf Meßkirch oberhalb des Bodensees. Zuletzt hat er in seinem Buch „Am siebten Tag flog ich zurück“ von seiner Reise an den Kilimandscharo erzählt.
Auch der Erzähler in seinem neuen Roman begibt sich in die Ferne, doch ist es in diesem Fall eine Mischung aus Urlaub und Flucht. Nach einer Lesung wird er auf die Klimaaktivistin Greta Thunberg und überhaupt zu seiner Meinung zur Energie- und Klimapolitik gefragt. Seine Antwort kommt zögerlich, das Publikum wird unruhig, und schließlich ruft jemand, das sei doch weißes Altmännergeschwätz, was er da von sich gebe. Sein Weg führt den Ich-Erzähler schließlich in das Ferienhaus seines Schwagers auf die griechische Insel Lefkada. Von dort aus hat er einen Blick über den Infinity-Pool hinüber nach Ithaka, der Heimat des Odysseus.
Herrlich und wohltuend sind Stadlers Sätze, die das Widersprüchlichste in sich vereinen können. Seine Gedanken sind ungemein witzig und doch zugleich tiefernst. Auf einer höheren Ebene erreicht Stadlers Schreiben jene moralische Tiefe, die das Publikum seinem Erzähler zuvor abgesprochen hat. Hier umkreist ein Mensch in all seinen Widersprüchen sein Leben auf der Suche nach einem Standpunkt. Und findet ihn in der Literatur.