Eine neue Lernplattform der Arolsen Archives will Wissen rund um die NS-Vergangenheit und jüngere Migrationsgeschichte vermitteln. Es gehe um die Frage, was Geschichte mit dem Heute zu tun hat, sagt Birthe Pater von den Arolsen Archives im Gespräch mit SWR Kultur.
Die Arolsen Archives sind das weltweit größte Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung gehört zum Weltdokumente-Erbe der UNESCO.
Die Arolsen Archives sind schon in den Sozialen Medien wie Instagram oder TikTok vertreten. Man will die jungen Menschen aber noch gezielter erreichen: Über eine neue Lernplattform im Netz namens „Und Heute?“.
Das Ziel: Die NS-Geschichte und Wissen rund um das Thema Migration sollen spielerisch angeeignet werden. Es gehe um die Frage, was die Geschichte mit unserem Heute zu tun hat, sagt Birthe Pater, Leiterin für Bildung bei Arolsen Archives, im Gespräch mit SWR Kultur.
Mehr Erinnerungskultur
Holocaust-Gedenken Michel Friedman fordert neue Erinnerungskultur: „Deutschland war lange ein Schweigeland“
In einer Zeit, in der immer mehr Zeitzeugen des Holocausts sterben, wirbt der Publizist Michel Friedman, selbst Kind von Shoa-Überlebenden, für ein neues Erinnern an das Grauen der NS-Zeit. Denn Deutschland sei „zu lange ein Schweigeland gewesen“, sagt Friedman im SWR2 Gespräch.
Homosexualität unterm Hakenkreuz Unsichtbare Opfer: Die verkannte Verfolgung lesbischer Frauen im Dritten Reich
Lange meinte die Wissenschaft, lesbische Frauen seien durch die Nazis nicht verfolgt worden. Bis heute klafft eine große Wissenslücke, auch mangels Forschung auf diesem Gebiet.
75 Jahre Kriegsende 75 Jahre Kriegsende – Wie steht es um die deutsche Erinnerungskultur?
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Heute erinnert der Gedenktag an die doppelte Befreiung von Krieg und Nationalsozialismus. Über 60 Millionen Menschen waren Nationalsozialismus, Rassenwahn und Krieg zum Opfer gefallen. Welchen Stellenwert hat der 8. Mai 1945 in Deutschland?
Gespräch Gedenkstätten protestieren: Ärger um neue Erinnerungskultur
Noch ist der Entwurf des Kulturstaatsministeriums zur Vision einer neuen Deutschen Erinnerungskultur zwar nicht veröffentlicht, dennoch hat sich Claudia Roth damit aber schon den geballten Protest der Holocaust- und SED-Gedenkstätten eingehandelt. Die befürchten durch eine Vermengung mit anderen Themen, wie der Deutschen Kolonialgeschichte letztlich eine Verharmlosung und gar eine Bagatellisierung ihres Anliegens, sagt Dr. Elke Gryglewski, die Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen in SWR Kultur:
Differenzierung ist wichtig
"Durch diese [...] Aneinanderreihung von Themen, ohne sie in Beziehung zueinander zu setzen und ohne zu differenzieren, das ist ein Problem. Zum Beispiel : was sollen Orte der Erinnerung sein? Es ist ein großer Unterschied, ob ich von einem Tatort, einem Verbrechen vor Ort spreche oder ob ich von einem Ort spreche, wo es beispielsweise darum geht, die Geschichte der Einwanderung zu thematisieren".
Geld ist nicht entscheidend
Natürlich spiele auch das Geld eine Rolle, wenn künftig mehr Gedenkstätten aus einem Topf bezahlt werden. "Aber die Situation ist ja schon in den letzten Jahren so gewesen, dass wir alle als NS -und SED-Gedenkstätten uns bestimmte Mittel teilen . Aber das ist nicht die primäre Begründung, warum wir Einspruch gegen dieses Papier erhoben haben".
MigrantInnen in Erinnerungskultur mit einbinden
Ein neues Erinnerungskonzept sei auch schon wegen der vielen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland wichtig." Auch in den Gedenkstätten hat es lange gedauert, bis wir das wahrhaben wollten. Seit 2000 ist es ein großes Thema, und die Antworten sind vielfältig. Es hat vielfach auch mit einer Haltung zu tun, wahrzunehmen, dass Besucherinnen und Besucher zu uns kommen, die das, was sie bei uns sehen, vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen sehen und dass man darüber ins Gespräch kommt. Es gibt jetzt schon jede Menge Projekte, die genau dem Rechnung tragen"
Erinnern an die Shoa Holocaust-Gedenktag 2024: „Wir leben in präfaschistischen Zeiten“
7000 Menschen konnte die Rote Armee lebend aus Auschwitz befreien. Über 1,1 Millionen ließen die Nazis allein in Auschwitz vergasen, zu Tode folterten und verhungern.
Tanzperformance als gelebte Erinnerung Kommunistin und „Euthanasie“-Opfer: Schicksale hinter den Stolpersteinen als Tanzperformance
Orli und Henriette – zwei Frauen, von den Nazis verfolgt, gebrochen, getötet – ihre Biographien stehen stellvertretend für unzählige Opfer. Kleine Messingsteine vor ihren ehemaligen Wohnungen – so genannte Stolpersteine – und eine Performance zweier junger Tänzerinnen des Theaters Trier erinnern an ihr Leben und Schicksal.