Diese Frohe Botschaft verkündigte Nicolás Maduro, autoritärer Präsident Venezuelas, „seinem Volk“ voller Dank und Demut. Das hatte ja schließlich einiges mitmachen müssen.
Kaum ausgesprochen, erschallte sie im ganzen Land – und in den Straßen der venezolanischen Hauptstadt weihnachtete es sehr: Das Zentrum wurde geschmückt mit Weihnachtsbäumen, Sternen und bunten Kugeln. „Feliz Navidad“, frohe Weihnachten, strahlte es durch die dunkle Nacht, Lebensmittelpakete und Kinderspielzeug wurden an Bedürftige verteilt.
Doch ach – die so verordnete Weihnachtstimmung wollte sich nicht so recht einstellen. Die Venezuelaner waren alles andere als in Feierlaune. Auch die Kirche protestierte.
Feierlaune nach Massenprotesten
Nach der nicht ganz so sauberen Wahl vom 28. Juli wurde Maduro zum Sieger erklärt. Doch Opposition, Wahlbeobachter, USA und EU waren nicht einverstanden. Sie gehen von Betrug aus. Der Kandidat der Opposition, Edmundo González, mittlerweile von den USA als Wahlsieger anerkannt, musste außer Landes fliehen. Bei Massenprotesten wurden tausende Demonstranten festgenommen, 28 Menschen starben. Da war die Stimmung also eher nicht gut.
Bewährtes Manöver aus der Klamottenkiste der Autokraten
Das kann doch nicht so weitergehen, muss sich der umstrittene Wahlsieger gedacht haben. Kann man diese schlechte Stimmung nicht ein wenig aufzubessern? Maduro griff in die reich gefüllte Klamottenkiste der Autokraten und Potentaten und fand dort einen echten Klassiker: Brot und Spiele. Schon die römischen Kaiser hatten nach dieser Maxime versucht, das Volk bei Laune zu halten und Unruhen zu verhindern.
Also „schenkte“ der Präsident dem Volk ein großes Fest – gelungener Schachzug! Und Maduro spielt ihn nicht zum ersten Mal: Schon während der Corona-Pandemie hatte er Weihnachten zweimal in den Oktober vorverlegt, um von den Problemen des Land abzulenken. Ist er ernsthaft davon ausgegangen, sein Präsidenten-Dekret würde erfolgreich sein und den Heiligen Geist auf das Volk herabregnen lassen? Das bleibt Spekulation.
Aber warum feiern wir Weihnachten überhaupt am 25. und 26. Dezember – und lässt sich diese historische Datum so mir nichts dir nichts verlegen?
Weihnachten seit dem 4. Jahrhundert offiziell die Geburt Christi
Kaiser Konstantin hat es eigentlich nicht anders gemacht als Maduro. Unter seiner Herrschaft wurde im Jahr 336 der 25. Dezember zum Tag bestimmt, an dem die Geburt Christi gefeiert werden soll. Der lateinische Name „dies nativitatis“, Tag der Geburt, lebt noch heute im italienischen „Natale“ fort, oder – wir erinnern uns – im Spanischen „Navidad“.
Es ist nicht ganz klar, ob Konstantin wirklich zum gläubigen Christen wurde. Unstrittig ist jedoch, dass er dem Christentum und damit auch dem Weihnachtsfest den Weg bereitet hat.
Zwar feiern viele orthodoxe Kirchen Weihnachten erst am 6. und 7. Januar und in Ländern wie Spanien und Italien gibt es erst am Dreikönigstag die Geschenke – doch diese kirchengeschichtlichen Spitzfindigkeiten sollen hier mal keine Rolle spielen.
Nähe zur Wintersonnenwende kein Zufall
Warum aber wählte Kaiser Konstantin ausgerechnet den 25. Dezember als Geburtstag des Gottessohnes? Im alten Rom war man offen für pragmatische Lösungen: Im 4. Jahrhundert war der Mithras-Kult um den Sonnengott „Sol invictus“ sehr populär. Soldaten hatten ihn aus den Osten des Römischen Reiches in die Hauptstadt mitgebracht.
Geburtstag hatte der ursprünglich persische Sonnengott am 25. Dezember, dem Tag der Sonnwende. Da wurde der Sieg des Lichtes und des Lebens über die Finsternis und den Tod zelebriert. Dieses große Fest, so vermuten Historiker, wurde ganz pragmatisch zum Geburtstag Christi umgedeutet, um heidnische Traditionen christlich umzudeuten und von der Popularität des Mithras-Kults zu profitieren.
In Deutschland erst seit dem im 19. Jahrhundert populär
Das unbezwingbare Licht klingt im deutschen Wort Weihnachten nicht wirklich an. Etymologisch kommt es aus dem Mittelhochdeutschen: „wîhe naht“ bedeutet „geweihte“ oder „heilige Nacht“.
Bis zum 19. Jahrhundert war Weihnachten nur eines von vielen kirchlichen Festen. Erst mit dem aufstrebende Bürgertum, das sich dabei gerne auf den Reformator Luther berief, entwickelte sich Weihnachten zu dem besinnlichen Familienfest mit Geschenken unterm Tannenbaum, wie wir es heute kennen.
Erhabene Lichtgestalt in der Tradition des Sonnenkultes?
Doch zurück nach Venezuela: Die Bedeutung der Sonnenwende für das Weihnachtsfest kann man hier, so nahe am Äquator, wohl getrost vernachlässigen. Das ist kein wirkliches Problem bei der Verlegung von Weihnachten durch Maduro.
Aber wäre es zu verwegen zu denken, der Präsident, der mit seiner vermeintlich frohen Botschaft die Gemüter des venezolanischen Volkes so sehr erhellte, stünde in direkter Verbindung zu Kaiser Konstantin, vielleicht sogar zum Sonnengott selbst? Das geht dann aber doch ein wenig zu weit ...
Eine echte „frohe Botschaft“ für die Venezueler wäre es wohl, wenn am 11. Januar nicht Maduro, sondern Edmundo González als Präsident in Caracas vereidigt würde. Der ins spanische Exil gegangene Oppositionspolitiker will im Januar in seine Heimat zurückkehren, um genau das zu erreichen und läuft dabei Gefahr, inhaftiert zu werden. Vielleicht können Weihnachtswünsche doch wahr werden.