Zeitwort

21.02.1958: Gerald Holtom entwirft das Peace-Zeichen

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Autor/in
Werner Witt

Der Ruhm des britischen Künstlers Gerald Holtom gründet nicht auf einem umfangreichen Lebenswerk, sondern auf einem extrem reduzierten Signet, bestehend aus einem Kreis und drei Linien.

Ein Symbol gegen die nukleare Aufrüstung

„Ich glaube, wenn die Menschheit von der Last der Furcht befreit wird, der wirtschaftlichen Furcht des Einzelnen und der Massenfurcht vor einem Kriege dann dürfen wir hoffen, dass sich der menschliche Geist zu bisher ungeahnten Höhen aufschwingen wird.„“

Der Philosoph Bertrand Russel war erster Präsident der Campaign for Nuclear Disarment, kurz CND, in London. Er gab dem Künstler Gerald Herbert Holtom den Auftrag, ein Logo für die CND zu entwerfen. Holtom und Russel gehörten zu einer kleinen verzweifelten Minderheit auf der britischen Insel. Sie konnten und wollten die schrecklichen Bilder aus Hiroshima und Nagasaki nicht verdrängen.

1952 war Großbritannien nach den USA und der Sowjetunion zur dritten Atommacht geworden. 1957 zündeten die Briten auf der Christmas Island im Pazifik eine Wasserstoffbombe. Keiner wusste, wie der Rüstungswettlauf gestoppt werden konnte.

2. Ostermarsch 1962
Bis heute sind die Ostermärsche alljährliche Kundgebungen der Pazifismus-Bewegung. Bereits beim zweiten Ostermarsch 1962 hatte sich das Peace-Symbol als internationales Friedenszeichen auch in Deutschland durchgesetzt

Es ist die Geste eines ratlosen Menschen, die im Kreis mit den Strichen sichtbar wird

Ein Mensch, der aufrecht steht wird durch den senkrechten Strich symbolisiert. Entrüstet hatte er die abgespreizten Arme sinken lassen. Ein Strich links, ein Strich rechts von der Senkrechten markieren die fast wieder herabhängenden Arme, noch bevor sie wieder an der Hosennaht angekommen sind.

Abgeschaut hat er die Geste ausgerechnet beim Militär: Im Winkeralphabet entsteht dasselbe Symbol, wenn man die Zeichen für N und D übereinanderlegt. ND – für Nuclear Disarmement.

Statt Richtung Pazifik marschierten Ostern 1958 die Aktivisten vom Trafalgar Square in London zum Atomic Weapons Establishment bei Aldermaston. Zu ihrer Überraschung hatten 8.000 die Botschaft des „Peace-Zeichens“ verstanden und protestierten vier Tage im Regen mit. Die Ostermarschbewegung war entstanden.

Atom- und Wasserstoffbombentests der Operation Grapple auf Kirimati
Kampf gegen die internationale Aufrüstung. Die britischen Atom- und Wasserstoffbombentests der Operation Grapple auf Kirimati (Christmas Island) wurden zum Auslöser der internationalen Friedensbewegung.

Peace-Zeichen auf NATO-grünem Parka: einAusdruck für die Forderung „Schwerter zu Pflugscharen“

Wie das Peace-Zeichen wurde auch der Parka aus der Welt der NATO in den zivilen Protest übernommen. Auf dem Marsch von London nach Aldermaston wurden Parkas mit dem Peace-Zeichen zum ersten Mal getragen.

Nur zwei Jahre später trugen 150 000 Menschen in Hamburg das Peace-Zeichen. Konrad Tempel war einer der Ersten in Deutschland: „Jetzt haben wir gesagt, wir müssten in Deutschland eigentlich auch so einen Angriffspunkt wie die Atomfabrik in Aldermasten haben und da ergab es sich, dass Anfang Dezember 1959 durch die Zeitung die Information ging, dass Earnest-John-Raketen in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen ausprobiert würden und drauf hin habe ich gesagt, ich marschiere auch wenn ich allein gehe.“

Joan Baez beim Ostermarsch Ruhr 1966
„We Shall Overcome“: Die US-Folksängerin Joan Baez (hier beim Ostermarsch Ruhr 1966) wurde Ende der 50er-Jahre das „Gewissen und die Stimme“ der Friedensbewegung.

Heinrich Böll und Gustav Heinemann unterstützten die deutsche Friedensbewegung

Die deutsche Friedensbewegung fand prominente Mitstreiter. Darunter Pastor Martin Niemöller, Heinrich Böll, Erhard Eppler und Gustav Heinemann.

„Sieht man denn wirklich nicht, dass die dominierende Weltanschauung unter uns aus den drei Sätzen besteht: Viel verdienen, Soldaten, die das verteidigen und Kirchen die beides segnen?“

Das Peace-Zeichen, am 21.Februar 1958 in London erfunden, ging um die Welt. Ein machtloses Symbol – aber kein sinnloses.

Leben Frieden schaffen, doch mit Waffen? Eine persönliche Reflexion

Nach dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine befürworteten selbst Wortführer der Friedensbewegung die Lieferung schwerer Waffen. Ein Paradigmenwechsel der viele verunsichert.

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Werner Witt