Eigentlich ist der Advent eine besinnliche Zeit, für viele ist sie aber vor allem mit Weihnachtsstress verbunden. Seit wenigen Jahren ist ein weiterer Stressfaktor für Familien dazugekommen: Die Weihnachtswichtel. Wie wird man sie nur wieder los?
Kurz zur Erinnerung: Advent bedeutet Ankunft und bei der Adventszeit geht es nicht darum, auf die Ankunft möglichst vieler Geschenke zu warten, sondern die Zeit soll eigentlich an die Ankunft des Herren vor 2000 Jahren in einem Stall in Bethlehem erinnern.
Der Advent ist eine besinnliche Zeit der Einkehr und des Nachdenkens, der Dankbarkeit und Nächstenliebe. In vielen Familien ist der Advent aber längst die Zeit des Stresses: Adventskalender basteln, Plätzchen backen, die Jahresend-Deadlines auf der Arbeit im Blick behalten, Geschenke besorgen, Weihnachtsfeiern und so weiter und so fort.
Neuer Stressfaktor: Die Weihnachtswichtel sind los
Seit wenigen Jahren ist ein weiterer Stressfaktor für Familien dazugekommen: Die Weihnachtswichtel. Ich wünschte, ich hätte sie nie einziehen lassen.
Die Sache mit dem Wichtel fing ganz harmlos an. Die Tochter berichtete aufgeregt, im Kinderzimmer einer Freundin sei ein Wichtel eingezogen. Ich freute mich über die kindliche Phantasie und vergaß den Wichtel schnell wieder.
Bis mir kurze Zeit später in verschiedenen Geschäften so genannte Wichteltüren auffielen: Bastelsets, mit denen eine Tür in Postkartengröße an die Wand geklebt und mit verschiedenen Accessoires – einer Leiter zum Beispiel oder einem winzigen Briefkasten – ausgeschmückt werden kann. Ach – dachte ich – so ist das also mit dem Wichtel und griff beherzt zu.
Fröhliche Wichteltüren, überall!
An einem Abend dieser anstrengenden Jahresendtage schaffte ich es tatsächlich, länger wach zu bleiben als die Kinder. Ich befestigte in der Nacht die Wichteltür im Kinderzimmer und am nächsten Morgen war die Begeisterung riesig.
Zur gleichen Zeit wurden auch in den Klassenzimmern Wichteltüren entdeckt und ich hörte, dass die Wichtel dort gerne Streiche spielten und mit den Kindern interagierten.
Damit fing der Stress so langsam an. Ich schrieb kleine Zettelchen – natürlich mit golden-verschnörkelter Schrift – auf denen der Wichtel den Kindern Botschaften hinterließ.
Um den Brief noch wichteliger erscheinen zu lassen, ließ ich ihn mehrere Stunden in einer Dose mit Zimtbonbons, damit er authentisch roch. Ich streute ein wenig Mehl vor die Wichteltür und hinterließ darin winzige Fußspuren.
Wichtel-Wahnsinn an Grundschulen: Pädagogisch sinnvoll?
Warum auch viele Grundschulen den Wichtel-Wahnsinn aus pädagogischen Gründen mitmachen, habe ich schnell erkannt: Die Kinder – sonst eher schreibfaul – verfassten Briefchen an ihren neuen Mitbewohner und malten sich aus, wie sein Leben aussehen könnte.
Das Problem dabei war nur: Um die Wichtelbegeisterung nicht erlahmen zu lassen, musste sie gefüttert werden. Der Wichtel fing an, mir auf die Nerven zu gehen. Die Tochter wünschte sich ein Foto des Wichtels: Ich suchte das Internet ab, bearbeitete das Bild, ließ es in winzigem Format ausdrucken.
Ich organisierte echte Schweizer Schokolade, die der Wichtel angeblich direkt aus einer Schoko-Manufaktur mitgebracht hatte. An mehreren Abenden schreckte ich aus dem Halbschlaf, weil mir einfiel, dass ich noch irgendwas an der Wichteltür umstellen oder ändern musste, damit der Wichtel lebendig bleibt.
Wer hat die süßeste Idee?
Ich bin nicht die Einzige, die sich wünscht, den Wichtel niemals hereingelassen zu haben. Auf Spiegel Online schreibt Maria Herbst.
Dazu kommt, dass #Wichtel oder #Wichteltür in den Sozialen Medien unzählige Treffer erzielt. Es scheint, als würde ein regelrechter Wichtel-Wettbewerb ausgetragen: Wer hat die schönste Tür, die süßesten Accessoires, den kreativsten Wichtel – kurz – wer steckt am meisten Zeit und Energie in den imaginierten Winzling, wer gibt sich am meisten Mühe.
Ein letzter Brief des Wichtelmannes
Während früher nur die Häuserfassaden mit Lichterketten und aufblasbaren Weihnachtsmännern hochgerüstet wurden, erlaubt Social Media inzwischen auch den Blick ins Innere. Außen wie innen hält sich das Motto: viel hilft viel.
Mir ist das längst zu viel. Deshalb wird unser Wichtel nach den Feiertagen noch einen Brief hinterlassen. Einen letzten. Darin wird er sich über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen bei Arbeitgeber Weihnachtsmann beschweren. Und vorzeitig in Rente gehen.
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