Ab dem frühen 19. Jahrhundert gab es in Deutschland Entwicklungen hin zu einem Wahlrecht für Männer, über die Frankfurter Nationalversammlung, den Norddeutschen Bund und das Kaiserreich. Aber erst zum Beginn der Weimarer Republik bekamen auch Frauen ein Wahlrecht.
Der Einfluss der Frauen
April 1928. Die Reichstagsabgeordnete Marie Juchacz weist ihre Parteigenossen von der SPD anlässlich der anstehenden Reichstagswahl noch einmal auf den Einfluss der Frauen hin:
„Durch die Abgabe seiner Stimme am Wahltage kann jeder Staatsbürger politisch mitwirken. Die Tatsache des Frauen-Wahlrechtes sollte jeden Freund der Sozialdemokratie zwingen, um die Frauenstimmen zu werben.“
Neun Jahre gibt es zu diesem Zeitpunkt das Frauenwahlrecht schon in Deutschland. Am 19. Januar 1919 durften die Frauen in Deutschland das erste Mal zur Wahl gehen.
Organisation war für die Frauen nicht leicht
Der erste Weltkrieg war zu Ende. Der Kaiser musste abdanken, und der Sozialdemokrat Friedrich Ebert wurde zum Reichskanzler gewählt, nachdem die Republik von Philipp Scheidemann ausgerufen worden war.
In diesen unruhigen Zeiten gelang es das, durchzusetzen, was verschiedene Gruppierungen schon länger forderten. Dabei hatten es die Frauen nicht leicht, sich zu organisieren.
Oft war nur passive Teilhabe möglich
1870 bestimmte zum Beispiel das Preußische Vereinsgesetz, dass es für Vereine Beschränkungen geben sollte: „Sie dürfen keine Frauenspersonen, Schüler, Lehrlinge als Mitglieder aufnehmen.“
In Hamburg war das Vereinsrecht nicht ganz so streng. Deshalb gründeten dort 1902 drei Frauenrechtlerinnen den „Verein für Frauenstimmrecht.“
Andernorts durften Frauen zwar an Veranstaltungen von Parteien und Organisationen teilnehmen – allerdings nur in einem mit einem Seil abgetrennten Bereich. Und sagen durften sie nichts. Sie durften dort nur stehen und zuhören.
Wahlrecht, aber keine rechtliche Gleichheit
In Australien waren die Frauen erfolgreicher. Da wurde das Frauenwahlrecht schon 1902 eingeführt. Norwegen und Dänemark zogen 1913 und 1915 nach. Und 1919 dann eben Deutschland, mit der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung.
Über 83 Prozent der Frauen in Deutschland gaben am 19. Januar 1919 einen Stimmzettel ab. Und 41 weibliche Abgeordnete saßen in der neuen Versammlung, ein Frauen-Anteil von immerhin knapp 10 Prozent.
Kämpferinnen der ersten Stunde wie Marie Juchacz waren stolz auf den Erfolg. Aber das Wahlrecht bedeutete keinesfalls eine rechtliche Gleichheit.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ging das Vermögen der Frau immer noch nach einer Heirat in den persönlichen Besitz des Mannes über. Und blieb dort auch, selbst nach einer Scheidung. Über die Kinder hatte sie ohnehin nicht zu bestimmen.
1949 als wichtiger Marker
Auch die wirtschaftliche Stellung der Frauen verbesserte sich durch das Wahlrecht nicht. Zwar hatten viele von ihnen während des Krieges gearbeitet. Aber als nach Kriegsende sechs Millionen Soldaten von der Front zurückkamen, erließ die frisch gewählte Regierung eine Verordnung, nach der Arbeitsplätze von Frauen freizumachen waren.
1933, unter der Herrschaft der Nationalsozialisten, ging es weiter rückwärts. Da durften die Frauen zwar noch wählen. Aber sich aktiv beteiligen, also als Kandidatinnen gewählt werden, das ging von da an nicht mehr. Erst 1949 mit dem Grundgesetz wurde das aktive und passive Wahlrecht für Frauen wieder eingeführt.
18.1.1949 Gleichberechtigung im Grundgesetz – dank Elisabeth Selbert
18.1.1949 | "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" – Im Januar 1949 wird dieser Artikel in den Entwurf für das neue Grundgesetz der Bundesrepublik aufgenommen. Dies ist vor allem das Verdienst der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert.
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Das junge Land Rheinland-Pfalz spielte 1948/49 eine wichtige Rolle auf dem Weg zum Grundgesetz. U. a. Ministerpräsident Peter Altmeier und Verfassungsexperte Adolf Süsterhenn waren entscheidende Akteure. Von Rainer Volk (SWR 2019)