Der Tübinger Gemeinderat hat am Montagabend beschlossen, den Alltag vieler Familien in der Stadt komplizierter zu machen. Wegen fehlenden Personals sollen die Kitas laut Ratsbeschluss ab September früher schließen. Wie die Eltern die Betreuung ihrer Kinder stattdessen organisieren, bleibt ihnen überlassen. Arbeits- und Familienleben unter einen Hut zu bekommen, wird für Mütter und Väter mit diesem Beschluss erwartbar schwieriger.
Den Druck auf Familien noch erhöhen
Dabei ist die Betreuungssituation in Kitas und Schulen schon jetzt ein Quell ewigen Ärgernisses, wie eine SWR-Umfrage unter Eltern in Baden-Württemberg ergeben hat. Sagenhafte Zweidrittel der befragten Eltern gaben an, unter der unzureichenden Kinderbetreuung zu leiden. Besonders häufig äußerten sich ausgerechnet Eltern aus dem Raum Tübingen unzufrieden über die Situation, die der Gemeinderat jetzt noch mutwillig verschärft.
Universität und Uniklinik "in großer Sorge" Gemeinderat Tübingen stimmt für kürzere Kita-Öffnungszeiten
In Tübinger Kitas fehlen Erzieherinnen und Erzieher. Deshalb hat der Gemeinderat am Montagabend beschlossen, die Öffnungszeiten zu reduzieren. Die Uniklinik zeigt sich besorgt darüber.
Tübingen ist überall
Es ist nichts Geringeres als eine Bankrotterklärung, wenn eine Stadt das Personalproblem in den Kitas nicht nur nicht in den Griff bekommt, sondern die Folgen ihres Versagens Eltern und Kindern aufbrummt. Die Botschaft: Euer Problem, kümmert euch gefälligst selbst! Und das in einer Zeit, in der viele Familien wegen steigender Preise und Reallohnverluste sowieso schon unter Druck stehen – auch das ein Ergebnis der SWR-Umfrage.
Dabei ist das Tübinger Beispiel nur eines von vielen. Landauf, landab reduzieren Kitas ihr Angebot, fällt der Unterricht aus, fehlen Ganztagsangebote und rotten Schulgebäude vor sich hin. Es ist nicht zu übersehen: Die Interessen von Eltern und Kindern zählen nicht viel.