Mit dem Beschluss des Gemeinderats wird es ab September kürzere Öffnungszeiten in Tübinger Kitas geben. Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne, Mitgliedschaft ruht derzeit) will so spontane Schließungen vermeiden. Das kommt wegen des Personalmangels immer öfter vor. Eltern könnten dann wieder verlässlicher planen, so Palmer. Das heißt, es wird nur noch eine Einrichtung geben, die Kinder bis 17:30 Uhr betreut. Andere Einrichtungen werden um 16.30 Uhr oder 13.15 Uhr schließen.
Im SWR-Interview spricht Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer über die Situation:
Uni und Uniklinik Tübingen "in großer Sorge"
Die Gleichstellungsbeauftragten der Universität und des Uniklinikums Tübingen hatten sich bereits vor der Gemeinderatsentscheidung besorgt über die von der Stadt geplanten kürzeren Öffnungszeiten der Kitas geäußert. Viele der Klinikbeschäftigten hätten kleine Kinder. Wenn diese die Arbeitszeit reduzieren müssten, verschärfe sich der Fachkräftemangel.
Zudem würden meist Mütter die fehlende Kinderbetreuung ausgleichen. Das habe negative Auswirkungen auf die Gleichstellung von Männern und Frauen und auch auf den Wissenschaftsstandort Tübingen. Man sei in großer Sorge, so die Uniklinik und Universität in einer Stellungnahme.
Gemeinderat sieht Dilemma und sucht Ausweg
Leicht fiel dem Tübinger Gemeinderat die Entscheidung am Montagabend nicht. Fraktionsübergreifend waren sich alle einig, dass sich an der Situation in den Kitas und dem Personalmangel etwas ändern müsse. Die Grünen sprachen von "bitterer Pille" und "kein Ergebnis zum Jubeln", die SPD beklagte die einst so gute Betreuungssituation in Tübingen.
Alle bekräftigten mit ihrer Entscheidung, neue Wege gehen zu wollen. So sollen zum Beispiel Studierende angeworben werden, die Kindern in der Spätbetreuung gegen eine Übungsleiterpauschale ein Bewegungs- oder Musikangebot machen könnten. Auch Eltern sollen an den Randzeiten morgens und abends mehr eingebunden werden können als bisher.
Eltern kritisieren verkürzte Kita-Öffnungszeiten
Der Gesamtelternbeirat der Tübinger Kinderbetreuungseinrichtungen kritisiert die Kürzungen. Vor der Entscheidung im Gemeinderat protestierten einige Eltern erneut vor dem Tübinger Rathaus. Werden die Kinder weniger betreut, sagen viele Eltern, müssten sie ihre Arbeitszeit verkürzen. Sie könnten dadurch von Armut bedroht werden. Besonders Geringverdiener und Alleinerziehende seien davon betroffen.
Der Beirat fordert stattdessen, den Beruf der Erzieherinnen und Erzieher besser zu bewerben oder auch nicht-pädagogische Fachkräfte einzustellen. Diesen Wunsch versucht die Stadtverwaltung Tübingen nun umzusetzen. Hunderte Tübinger Eltern sind schon vor einigen Tagen gegen die geplanten, verkürzten Kita-Zeiten auf die Straße gegangen.