Seit dieser neuen SWR-Dokumentation weiß ich, was ein Luxusproblem ist. Die originale Hinterachse in einem Auto trug die Produktionsnummer 2953. Auf der Datenkarte des Wagens lautet sie hingegen 2932. Kein Zweifel, das Auto ist manipuliert. Es erweist sich, dass die Hinterachse aus einem Exemplar stammt, das vor Jahren in Frankfurt am Main gestohlen wurde. Das manipulierte Auto ist keine 1,3 Millionen Euro mehr wert, sondern nur noch 300.000.
Sie ahnen es vielleicht: Ich schreibe nicht über Autos, mit denen Sie und ich zur Arbeit fahren. Sondern über den 300SL Roadster, der zwischen 1957 und 1961 gebaut wurde. Ein Jahrhundertauto in Design und Technik. Der Betrug mit 300SL Roadster-Exemplaren nahm im Schwäbischen seinen Anfang und hat die Oldtimer-Szene weltweit erschüttert. Mein Kollege Thorsten Link erzählt die Betrugsgeschichte in seinem Film „Skandal um Oldtimer. Der tiefe Fall des Klaus Kienle“.
Selbst wenn in Ihrem Blut kein Benzin fließt und Sie Mercedes für eine gewöhnliche Automarke halten, lohnt das Gucken. Die Dokumentation gewährt Einblicke in eine bizarre, aber tatsächliche Welt von Superreichen, die sich Kindheitsträume erfüllen wie Sie und ich – wenn auch in anderen Dimensionen. Und die betrogen werden wie Sie und ich. Etwa der König von Malaysia mit einer falschen Hinterachse. Sogar die Fahrgestellnummer seines SL war geklaut. Die Todsünde unter Autoenthusiasten.
Mich berührt das Schicksal aller Protagonisten im Film, auch das des SL-Restaurators Klaus Kienle. Er fing „beim Daimler“ als Mechaniker an, machte sich selbstständig, zählte zu den Besten der Welt. Jetzt muss er sich vor Gericht verantworten. Der Film hat ein wunderbares Happy End, das ich Ihnen nicht verraten möchte. Eines, wie es nur das Leben selbst schreiben kann.