Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich wegen „Stuttgart 21“ an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gewandt. Scholz soll sicherstellen, schreibt Kretschmann in einem Brief, dass die Bahn den Digitalen Knoten jetzt und nicht später baut. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, für das alle S21-Strecken und große Teile des S-Bahn-Netzes digitale Stellwerke bekommen. Die Bahn verzögert den Baubeginn, weil sie die vom Bund bereitgestellten 825 Millionen Euro als zu wenig ansieht.
Ich bekenne, beim Thema „Stuttgart 21“ geht mein Puls schon lange nicht mehr hoch. Es gehört zum politischen Spiel, dass der Bund bzw. die Bahn, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart einander drohen und verklagen ob der Kostenexplosion.
Zurzeit 6,5 Milliarden Mehrkosten
Die Ankündigung der Bahn, den Digitalen Knoten erst später zu bauen, sehe ich als Retourkutsche auf das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts vom Mai, wonach die Bahn die S21-Mehrkosten von 6,5 Milliarden Euro allein zahlen muss.
„Stuttgart 21“ wird nach meinem Dafürhalten mit einem Digitalen Knoten in Betrieb gehen – auch dank sanfter Nachhilfe des Bundeskanzlers. Und damit mutmaßlich nicht vor 2027 oder 2028. Mit nochmaligen Mehrkosten im dreistelligen Millionen- und im Milliardenbereich. Doch die ewig lange Bauzeit und die Kostenexplosion werden vergessen sein, sobald der schönste Bahnhof Europas einmal in Betrieb ist. So war es bei der Elbphilharmonie in Hamburg und beim Flughafen in Berlin.