Nach der umstrittenen Freistellung des Freiburger Domkapellmeisters Boris Böhmann weitet sich der Protest gegen die Kirchenleitung aus. Auch Teile des Domchors und der Domkapelle planen nach Angaben einer Vertreterin, ihre Proben auszusetzen. Nächste Schritte sollten am Dienstag besprochen werden, sagte Christel Hoping, die Vorsitzende des Domchores, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Kirche und Chöre stünden vor einem Scherbenhaufen.
Protest mit Banner und Buttons
Beim Gottesdienst am Montagmorgen, dem Dreikönigstag, war der Domchor nicht mehr vertreten, obwohl ein Auftritt geplant gewesen war. Nur ein Solist sang. Mit einem Banner, Buttons und Gesang protestierten mehrere Dutzend Menschen nach dem Gottesdienst am Freiburger Münster erneut gegen die Diözesanleitung. Auf dem Banner stand: "Wir wollen unseren Domkapellmeister behalten!"
Zuvor hatten die Elternvertreterinnen der Domsingknaben mitgeteilt, dass sie ihre Kinder bis auf Weiteres nicht mehr in die Domsingschule schicken werden. Insgesamt 100 Jungen sollen nach SWR-Informationen demnach vorerst nicht mehr an den Proben teilnehmen. Auch an der musikalischen Ausgestaltung von Gottesdiensten im Freiburger Münster nähmen sie zunächst nicht mehr teil, hieß es in einer schriftlichen Mitteilung.
Die Elternvertreterinnen sprachen am Sonntag erneut von einer großen emotionalen und psychischen Belastung für die Kinder und Jugendlichen. "Ihr soziales Leben ist zerstört, ihr musikalisches Leben ist zerstört", sagte Sheila Mesenholl, Elternvertreterin der minderjährigen Sänger des Konzertchors, dem SWR. Die jungen Sänger seien "verunsichert und zutiefst traurig". Sie wollten weiterhin singen, unter den aktuellen Bedingungen sei das aber nicht möglich.
Eltern: Konflikt um Freiburger Chorleiter "auf dem Rücken der Kinder"
An Heiligabend war der Streit eskaliert, als die Christmette von Böhmann-Unterstützern gestört wurde. Nach dem Auftritt der Domsingknaben klatschten Besucherinnen und Besucher minutenlang, laut "Badischer Zeitung" begleitet von Protestrufen. Danach wurde der langjährige Leiter der Domsingschule mit sofortiger Wirkung freigestellt. Der Streit schwelt schon seit Monaten: Im Juli 2024 hatte die Erzdiözese dem 60-Jährigen zu Ende Februar 2025 gekündigt. Dagegen hatte Böhmann, der seit 2003 Domkapellmeister am Freiburger Münster ist, erfolglos vor dem Arbeitsgericht geklagt.
Die Ereignisse in der Christmette hätten die Kinder und Jugendlichen verstört, berichteten jetzt die Elternvertreterinnen. "Sie verstehen nicht, warum der Applaus in der Christmette, der ja auch ihnen galt, vom Erzbischof als Anlass genommen wurde, Herrn Böhmann fristlos freizustellen", sagte Christine Mertzlufft, Elternvertreterin der Sänger des Aufbau- und Vorchors der Domsingknaben.
Erzbistum nennt keine Gründe zur Entlassung Böhmanns
In ihrer Mitteilung vom Samstag werfen die Elternvertreterinnen Erzbischof Stephan Burger vor, einen Konflikt "auf dem Rücken der Kinder" auszutragen, "um eigene Interessen durchzusetzen". Burger agiere im Fall Böhmann unnachsichtig.
Streit um Personalie Boris Böhmann Freigestellter Domkapellmeister: Mehrere Sänger wollen Chöre in Erzdiözese verlassen
Im Streit um die Kündigung des ehemaligen Freiburger Domkapellmeisters Boris Böhmann wollen nun mehrere Sänger die Chöre verlassen. Das hat das Erzbistum Freiburg bestätigt.
Die Elternvertreterinnen fordern vom Freiburger Erzbischof eine umfassende Aufarbeitung und einen echten Dialog mit den Domsingknaben. Es herrsche außerdem Unsicherheit, wie es mit dem Chor und dessen Leitung jetzt weitergehen werde. Auch die Vorsitzende des Domchores Hoping fordert für den Chor und die Kapelle einen Dialog mit der Kirchenleitung.
Erzbischof Burger hatte den umstrittenen Schritt mehrfach verteidigt: Die Kündigung sei "nach Jahren des internen Streits der letzte Ausweg" gewesen. Mit Verweis auf den Datenschutz nennt das Erzbistum keine Gründe für die Entlassung Böhmanns.