Von innen sieht er aus wie ein normaler Linienbus mit Haltestangen und den typisch bunten Sitzen. Doch auf denen saßen einst nicht nur normale Busgäste, sondern auch Touristen aus ganz Deutschland.
Heute liegen jede Menge Säcke mit Winterkleidung, kleinen Öfen und Feuerlöschern darauf - dem eben, was die Menschen in der Ukraine im Moment brauchen, sagt Dirk Umbach: "Die Busse, die für die Ukraine bestimmt sind, werden immer bis unters Dach randvoll beladen. Weil es sonst extra kosten würde, wenn wir die Hilfsgüter mit einem Lkw dorthin transportieren."

Der Eifeler aus Mehren ist eigentlich Tiefbauer, engagiert sich aber auch in mehreren Hilfsorganisationen. Zum Beispiel in den Vereinen "St. Augustin & Friends hilft" und "Eifellicht". Der hat sich schon bei der Flut 2021, direkt nach Kriegsbeginn in der Ukraine oder beim Erdbeben in der Türkei mit Hilfsgütern engagiert.
Wenn Umbach heute für diese Vereine mit dem in der Eifel als Krimibus bekannten Fahrzeug in Richtung Ukraine startet, ist das schon seine 15. Tour in das Kriegsgebiet.
Immer wieder Hilfeaufrufe
Zuletzt war Umbach an Weihnachten dort, um Kindergartenkindern Geschenke zu bringen: "Damit die Kinder eine halbe Stunde einfach mal an was anderes denken als an den Krieg." Dabei sei er auch in einem Bunker gewesen, in dem die Kinder viel Zeit verbringen würden: "Hier in Deutschland ist jeder Schweinestall besser."

Um dort also helfen zu können, rufen die Mitglieder von Eifellicht immer wieder zu Spenden auf. Für Hilfsgüter wie Verbandsmaterial oder Kleidung.
Aber auch für Fahrzeuge, die in der Ukraine benötigt würden, um etwa Verletzte zu transportieren, sagt der Vereinsvorsitzende Heinz-Peter Thiel: "Wir bekommen viel Unterstützung, vor allem von familienbetriebenen Unternehmen. Der letzte Eigentümer des Krimibusses fand, dass er noch zu gut für den Schrott war." Statt ihn aber zu verkaufen, wurde er lieber an das Hilfsprojekt abgegeben.
Krimibus war auf den Spuren der Eifelkrimis unterwegs
Zuvor war er gut zehn Jahre auf ganz anderer Mission unterwegs: Auf den Spuren der Eifelkrimis hat er Touristen oder Menschen auf Betriebsfeiern nach dem Start in der selbsternannten Krimihauptstadt Hillesheim druch die Eifel gefahren. Immer dabei war Gäste- und Krimiführerin Brunhilde Rings unter ihrem Alias "Da'ne Spur".

"Man kann in der Eifel natürlich auch jemanden um die Ecke bringen. Aber Mord und Totschlag sind nicht die einzigen Verbrechen hier, sondern auch die Korruption", erklärt Rings das Konzept der mehrstündigen Tour des Krimibusses. Die führte nämlich zum, wie sie sagt, größten Verbrechen der Eifel: der Steuerverschwendung beim Bau des Freizeitzentrums am Nürburgring.

Gäste konnten selbst in Krimi ermitteln
Nicht nur wegen der Verbindung zu den Eifelkrimis, unter anderem von Jacques Berndorf, sondern auch wegen der Landschaft seien die Touren schön gewesen. Und nach einer Pause wartete eine besondere Überraschung auf die Gäste aus ganz Deutschland. Dann nämlich lag plötzlich eine Leiche - natürlich nur eine Schaufensterpuppe - im Bus.

"Die Gäste mussten dann untersuchen, was die Frau in ihren Taschen hatte, mussten Zeugen befragen, Tatort und Motiv finden", erzählt Rings. Am Ende konnten die Gäste ihren eigenen Krimi entwickeln und ein Diplom erhalten. Rings erzählt auch von lustigen Anekdoten mit dem Krimibus. Als zum Beispiel die Gäste an einem heißen Sommertag die Dachluke aushebelten. Und erst weiterfahren konnten, als die wieder repariert war.
Krimibus in gutem Zustand
Der Krimibus hat also schon einiges durchgemacht, wenn er sich heute auf den Weg in die Ukraine begibt. Ist er dafür technisch auf Stand? Ja, sagen die Mitglieder von Eifellicht.
Auf Dirk Umbachs Hof würden die Fahrzeuge, die in die Ukraine gehen, immer technisch überprüft, bei Bedarf instandgesetzt und bekommen die TÜV-Abnahme. Er erledige auch die Zollformalitäten, um den Bus von Polen in die Ukraine überführen zu können.
Eine Fahrt ohne Reparatur ist nur eine halbe Fahrt.
Mit dem Bus könnten Verletzte oder Gefangene transportiert werden. "Weil er in einem technisch guten Zustand ist, ist er aber auch geeignet, als Ersatzbus im ÖPNV in einer Millionenstadt wie Charkiw eingesetzt zu werden", sagt Heinz-Peter Thiel, "aber natürlich ist der Bus bisher vornehmlich Kurzstrecke gefahren."
In die Ukraine müsse er jetzt mindestens drei Tage durchgehend rollen: "Die Technik des Busses ist darauf nicht eingestellt. Irgendetwas, dass sich im Normalbetrieb nicht lösen würde, das löst sich dann."
Reparaturen immer nötig
Aber auch darauf ist man vorbereitet, sagt Umbach: "Eine Fahrt ohne Reparatur ist nur eine halbe Fahrt." Das meiste lasse sich mit ein paar Handgriffen lösen. Ersatz für eine defekte Batterie bekomme man zum Beispiel in Polen.
Außerdem: "Die Ukrainer sind in Sachen Reparatur ein bisschen pfiffiger als wir. In Deutschland werden eigentlich nur noch Ersatzteile ausgetauscht, die Ukrainer können noch was reparieren."
Bei der letzten Tour sei bei einem Bus auf einer sehr holprigen Strecke ein Balg geplatzt. "Der war dann innerhalb von zwei Stunden repariert. Das hätte hier in Deutschland eine Woche gedauert. Natürlich ist bei den Ukrainern ein X auch schon mal ein U. Aber es funktioniert."
Unsicherheiten auf der Strecke in die Ukraine
Die viel größere Unsicherheit gebe es an der polnisch-ukrainischen Grenze: "Einmal habe ich einen Leichenwagen überführt, der dort auch benötigt wird. Den konnte niemand einstufen, deshalb hab ich 38 Stunden an sechs verschiedenen Übergängen verbracht."
Er habe dann auf die Tränendrüse gedrückt, erzählt Umbach, und wurde schließlich über die Grenze gelassen. "Sonst würde ich wahrscheinlich jetzt noch dort stehen." Das Risiko liegt also auf der Strecke.
Zwar höre man in Kharkiw oder Kyjiw nachts auch Drohneneinschläge, aber, sagt Umbach: "Hin und zurück fahren wir 6.000 Kilometer. Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass uns auf der Strecke etwas passiert, als dass wir in Kharkiw von einer Bombe getroffen werden."
Hilfe durch Krimibus für bedürftige Ukrainer
Der Bus wird heute von einem Mitglied des Hilfsvereins aus St. Augustin mit Busführerschein gefahren. Dirk Umbach ist aber auch bei der Tour dabei und sorgt zum Beispiel dafür, dass die Hilfsgüter vor Ort bei bedürftigen Menschen ankommen.
Der Bus hatte seine letzte Tour als Krimibus im Januar 2024. Die Nachricht, dass es danach vorbei ist, kam für Gästeführerin Brunhilde Rings im Herbst zuvor recht überraschend: "Ich bedaure es auch, dass es keinen Nachfolger gibt." Immerhin gebe es jetzt eine kriminelle Tour für die Touristen, die schon mit dem Bus anreisen.

Und dass der ehemalige Krimibus jetzt in der Ukraine helfen kann, findet auch Rings gut: "Ich denke, es ist immer besser, einen Bus neu zu nutzen, als dass er verschrottet wird und nirgendwo mehr ist."
Die Leute in der Ukraine sind sehr, sehr arm dran.
Dass der Bus in der Ukraine eine wichtige Aufgabe erfüllen wird, da ist sich Dirk Umbach sicher: "Die Leute brauchen Hilfe. Es gibt viele Gerüchte über die Ukraine von Leuten, die niemals da waren. Was man in Kneipengesprächen oder von unseren nicht-demokratischen Parteien aufgegriffen hat. Aber die Leute dort sind sehr, sehr arm dran."