Herbert Reul (l, CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach (M, Grüne), Justizminister Markus Hartmann , Leiter der Ansprechstelle Cybercrime, sprechen auf einer Pressekonferenz zu Kindesmissbrauch im Darknet.

Sechs Menschen in Untersuchungshaft

Großer Schlag gegen Kindesmissbrauch im Darknet - Verdächtiger aus RLP

Stand

Bei mehreren Durchsuchungen ist Fahndern deutschlandweit ein größerer Schlag gegen Kindesmissbrauch im Darknet gelungen. Auch ein 69-Jähriger aus Rheinland-Pfalz ist verdächtig.

Eine große Darknet-Plattform für kinderpornografische Inhalte ist laut dem nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU) nach einem Schlag gegen führende Hintermänner abgeschaltet. Die Zahl der User auf der Seite sei in die Hunderttausende gegangen. Der Fall sei "schwindelerregend groß" sagte Reul.

69-Jähriger aus Rheinland-Pfalz unter Tatverdacht

In sechs Bundesländern hatte es im September Durchsuchungen gegeben. Unter den Tatverdächtigen sei ein 69-Jähriger aus Rheinland-Pfalz. Bereits vergangene Woche hatte die Polizei dem SWR bestätigt, dass im Zuge der Ermittlungen ein Haus im Kreis Mayen-Koblenz durchsucht worden war.

Auch verdächtig seien zwei 45 und 56 Jahre alte Männer aus Nordrhein-Westfalen, ein 43-Jähriger aus Schleswig-Holstein, ein 61-Jähriger aus Baden-Württemberg, ein 62-Jähriger aus Niedersachsen und ein 45-Jähriger aus Bayern. Sechs Verdächtige seien in Untersuchungshaft.

Sie gelten als "führende Hintermänner" der Darknet-Plattform. Ermittelt werde gegen sie wegen bandenmäßiger Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Auf der Darknet-Plattform seien Bild- und Videodateien verbreitet worden, in denen der sexuelle Missbrauch von minderjährigen Mädchen gezeigt werde.

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Kistenweise Beweismaterial bei Ermittlungen zu Kindesmissbrauch

Nach Angaben von Reul waren bundesweit 200 Kräfte im Einsatz. Die Ermittler hätten umfangreiches Beweismaterial sicherstellen können. Insgesamt seien 1.517 Asservate wie Laptops und Handys gefunden worden. Allein die sichergestellten DVDs und Videokassetten füllten 94 Umzugskartons.

Die exakte Datenmenge könne derzeit noch gar nicht abgeschätzt werden. Auf dem Rechner eines einzigen Beschuldigten sei eine Datenmenge von 13,5 Terabyte auszuwerten - das entspreche etwa 3,4 Millionen Fotos, sagte der Minister.

"Das ist kein Strohfeuer, das ist ein Flächenbrand", sagte Reul über die Plattform. Die Userzahl sei in die Hunderttausende gegangen. Der Szene sei nun eine zentrale Anlaufstelle genommen worden.

Signal an Täter: "Ihr könnt euch nicht im Darknet verstecken"

Der Minister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach (Grüne), sagte, der Ermittlungserfolg sende auch ein Signal an die Täter: "Ihr könnt euch nicht verstecken. Nicht hinter vier Wänden, nicht hinter einem Pseudonym, nicht im Darknet."

Er ging auch auf die Motivation der Täter ein. Diese sei nicht Geld, sondern die Suche nach immer neuem Material, das Missbrauch von Kindern zeigt. Das Verlangen sei unersättlich.

Täter reden sich den Missbrauch schön

Um ihre Taten zu rechtfertigen, redeten die Betroffenen sich den Missbrauch schön, sagte der Polizeipräsident der Duisburger Polizei, Alexander Dierselhuis. So behaupteten manche, dass die Kinder schlicht ihre Sexualität erfahren würden. 

Das Forum mit hunderttausenden Mitgliedern habe sich teilweise auch eigene Regeln auferlegt, um "besser" als andere zu sein. So sei es zunächst verboten gewesen, Missbrauch an Mädchen unter drei Jahren zu zeigen. "Aber selbst gegen diese Regeln wurde am Ende verstoßen", so Dierselhuis.

Die Ermittler, die in dem Fall beschäftigt sind, hätten sich freiwillig gemeldet, da die psychische Belastung enorm sei. Besonders schlimm sei es für die Ermittler auch, den Berg an Material vor sich zu sehen, den man noch nicht gesichtet habe.

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Ermittler spricht Täter bei Pressekonferenz direkt an

Der Leiter der Ermittlungskommission, Kriminalhauptkommissar Kai-Arne Gailer, richtete sich bei der Pressekonferenz der Polizei in Duisburg direkt an weitere mögliche Nutzer der Darknet-Plattform. Der Schlag gegen die Plattform habe für sehr viel Unruhe in der Community gesorgt. Es werde spekuliert, wer alles "gefallen ist".

Einige würden nun bestimmt den Livestream der Pressekonferenz verfolgen. Zu diesen sagte er: "Sie machen nichts Gutes, egal was Sie sich einreden. Ihr Ego ist das, was sie da fördern und nicht die Entwicklung eines Kindes." Noch bestehe die Chance, sich Hilfe zu holen, Reue zu zeigen. Wenn die Ermittler in der Tür stünden, gebe es diese Möglichkeit nicht mehr.

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SWR