Der "Pakt gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen" in Rheinland-Pfalz nimmt erste Formen an, sagte Familienministerin Katharina Binz (Grüne) am Donnerstag bei der Vorstellung des Projektes.
Die Fachkommission mit sechs Mitgliedern aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis soll bis Herbst 2024 Empfehlungen für einen besseren Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen in allen gesellschaftlichen Bereichen erarbeiten. Das Land stellt dafür in diesem und im kommenden Jahr jeweils 600.000 Euro zur Verfügung.
2021 gab es in RLP 673 Fälle von Kindesmissbrauch
Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen sei "leider traurige Realität", sagte Binz. "Die Kinder sind angewiesen auf Erwachsene, die sie ernst nehmen und beschützen." Nach Angaben des Ministeriums zählte die Polizeiliche Kriminalstatistik in Rheinland-Pfalz im Jahr 2021 insgesamt 673 Fälle von Kindesmissbrauch und 2.055 Fälle rund um kinderpornografische Darstellungen im Internet. Und das seien nur die bekannt gewordenen Fälle, so die Ministerin.
Die neuen Gremien sollen Vorschläge zum Schutz erarbeiten und Betroffenen eine Stimme geben. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, lobte die Initiative als beispielgebendes, "bisher einmaliges Vorhaben", das den Kinderschutz voranbringe. Sie sprach sich dafür aus, den Landtag einzubeziehen.
Betroffenenrat mit acht Mitgliedern
Den Vorsitz der Fachkommission hat die frühere Leiterin des Landesjugendamtes, Birgit Zeller. Dem Gremium arbeiten sechs Arbeitsgruppen zu, die sich mit Schwerpunkten wie Schutzkonzepte, Kinderschutz in gerichtlichen Verfahren und Voraussetzungen für sexualisierte Gewalt befassen. Geplant sei eine breite Beteiligung aus Staat und Gesellschaft, unter anderem aus Ministerien, Polizei, Staatsanwaltschaft, Schulen und der Jugendhilfe.
Der Betroffenenrat ist den Angaben zufolge mit einem Mann, einer diversen Person und sechs Frauen besetzt. Die Mitglieder seien zwischen 18 und 67 Jahren alt und hätten als Kinder oder Jugendliche sexualisierte Gewalt erlebt.
Zusammenarbeit mit katholischer Kirche?
Offen ist, ob die neuen Gremien mit Institutionen zur Missbrauchsaufarbeitung in der katholischen Kirche im Land zusammenarbeiten. Die Bistümer in Rheinland-Pfalz - Trier, Mainz, Speyer und Limburg - haben solche Kommissionen eingerichtet. Binz sagte, eine Zusammenarbeit sei "nicht ausgeschlossen", die Landesgremien entschieden aber selbst, ob und welche Form einer Zusammenarbeit sie anstrebten.