Insgesamt sollen in den nächsten Jahren bis zu 60 Windräder in der VG Rhein-Selz gebaut werden. Die betroffenen Gemeinden betonen, dass sie eine klimafreundliche Energiegewinnung durch Windräder nicht grundsätzlich ablehnen.
Aber zwei Aspekte, die ihnen erst seit kurzem bekannt sind, bereiten vielen Bürgermeistern und Gemeinderäten Kopfzerbrechen: zum einen der geringe Abstand künftiger Windkraftanlagen zur Wohnbebauung, zum anderen die insgesamt hohe Zahl von geplanten Windrädern auf den Gemeindeflächen.
Weinolsheim sagt Ja und Nein zu den Windrädern
Deshalb haben viele Gemeinderäte den Plänen der VG widersprochen. Allerdings haben sie dabei durchaus differenziert entschieden.
Beispiel Weinolsheim: Zu fünf der geplanten neun Anlagen sagte der Gemeinderat Ja. Diese seien auf den sogenannten Vorrangflächen geplant, erklärt Ortsbürgermeisterin Gabriele Wagner (CDU). Da habe der Gemeinderat gewusst, dass ein Nein ohnehin keine Aussicht auf Erfolg hat. Auf einer sogenannten Weißfläche dagegen hat der Weinolsheimer Gemeinderat sein Einverständnis nicht gegeben.
Entscheidung des VG-Rates Rhein-Selz aus dem Jahr 2022
Weißflächen sind zusätzliche Areale auf Gemeindegebiet, auf denen Windräder gebaut werden können, wenn entsprechende Gutachten vorliegen, erklärt Gabriele Wagner weiter. Die Ortsbürgermeisterin von Weinolsheim ist gleichzeitig auch 1. Beigeordnete der VG Rhein-Selz und dort verantwortlich für den Ausbau der Windenergie. Sie sitzt sozusagen zwischen den Stühlen.
Im Angesicht der Gaskrise waren sich alle im Rat einig, den Ausbau der Windenergie maximal groß voranzutreiben.
Die Flächen für Windenergie habe der VG-Rat im Jahr 2022 ausgewiesen. Damals, zur Zeit der Gaskrise, seien sich alle einig gewesen, dass der Ausbau der Windenergie vorangetrieben werden müsse. Einige Gemeinden wären allerdings dennoch ohne diese sogenannten Vorrangflächen geblieben.
Deshalb habe man die Weißflächen in den Plan aufgenommen, um auch diesen Gemeinden Windenergie zu ermöglichen. Jetzt - drei Jahre später - liegen die Pläne für mehr als 60 Windräder auf dem Tisch und nun wachsen die Sorgen der Gemeinden.
Gemeinden sehen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt
Die Gemeinde Undenheim hat ebenfalls ein Windrad auf einer Weißfläche abgelehnt. Denn es hätte nur 900 Meter Abstand zur Wohnbebauung. Weitere sieben Windräder sollen in Undenheim kommen. Bürgermeister Thomas Zimmerer (CDU) sagt jedoch, man werde regelrecht umzingelt, die Entwicklung der Gemeinde sei dann am Ende.
Ähnlich sieht die Bürgermeisterin von Selzen die Situation in ihrer Gemeinde. 17 neue Anlagen sind dort geplant. "Die ziehen sich in einem Halbkreis um die Gemeinde herum", erklärt Diana Weber (Liste Selzen) die Situation. "Wir können uns nirgendwo mehr hin entwickeln."
Wir sind nicht gegen Windenergie, wir wollen auch unseren Beitrag leisten. Aber wir wollen uns auch weiterentwickeln können.
Insbesondere zwei geplante Räder machen ihr Sorgen: "Diese beiden Anlagen würden verhindern, dass wir das Neubaugebiet erweitern könnten. Und Wohnraum ist extrem wichtig für unsere Gemeinde", so Weber.
Windkraftbetreiber engagiert sich für Gemeinde Selzen
Selzen würde allerdings auch von den Windrädern profitieren. Der Betreiber hat angeboten, Selzen günstig mit Strom zu versorgen. Bürger können sich direkt Anteile an den Windanlagen kaufen. Außerdem werde es eine Stiftung geben, in die ein Prozent des Gewinns fließen werde, so Bürgermeisterin Weber. Diese Stiftung werde dann Vereine und Veranstaltungen in Selzen unterstützen.
Wohnqualität in Weinolsheim gefährdet?
Andere Gemeinden haben da schlechter verhandelt. Dort ist von solchen Vorteilen keine Rede. Weinolsheim zum Beispiel erhält lediglich die gesetzlich festgelegten Einnahmen über das Energieeinspeisegesetz (EEG). Hier sorgt man sich vor allem um das Landschaftsbild, das die Windräder massiv beeinflussen werden, so Ortsbürgermeisterin Wagner.
Es gebe auch Befürchtungen wegen des Infraschalls, des Lärms und der Wohnqualität. Auch einige Landwirte seien sehr skeptisch und wollten ihre Felder nicht unter einem Windrad bewirtschaften.

Zornheim sorgt sich um Tourismus
Die Nachbargemeinde Zornheim hat sich dem Nein des Selzer Rates angeschlossen. Denn: Eines der neuen Räder stünde zwar in der Gemarkung Selzen, aber unmittelbar neben der touristisch wichtigen Hiwweltour auf dem Zornheimer Berg.
Allerdings sieht man in Zornheim selbst wenig Einflussmöglichkeiten auf eine Entscheidung. Die erste Information zu dem geplanten Windrad gab es per Telefonanruf aus Selzen. Weitere Informationen hat die Gemeinde Zornheim nicht bekommen.
VG Rhein-Selz erfüllt ihr Soll im Übermaß
Alle "Neins" der jeweiligen Gemeinden werden jetzt gesammelt an die Genehmigungsbehörde des Landes, SGD Süd, weitergeleitet. Sie wird über die Einsprüche entscheiden. Experten sagen, dass Gemeinden, die ihr Einvernehmen verweigert haben, nur wenig Chancen auf Erfolg haben. Allerdings erfüllt die VG Rhein-Selz mit ihren ausgewiesenen Flächen das vom Land vorgegebene Soll weit über die Maßen.