Der integrative Cap-Markt in Mainz-Weisenau schließt Ende August.

Zu hohe Betriebskosten - zu wenig Umsatz

Integrativer CAP-Markt in Mainz schließt

Stand
Autor/in
Golo Schlenk

Der integrative CAP-Markt in Mainz-Weisenau schließt Ende August. Dem Supermarkt, in dem auch psychisch beeinträchtigte Menschen arbeiten, wurde sein Konzept zum Verhängnis.

Als der CAP-Markt in Mainz-Weisenau vor 19 Jahren eröffnet wurde, galt sein integratives Konzept als wegweisend. Bis zuletzt arbeiteten dort zehn Menschen, einige von ihnen sind psychisch beeinträchtigt. Der kleine Supermarkt wurde von Edeka beliefert und hatte dieselben Preise wie andere, größere Märkte der Kette. Betrieben wurde er von der Mainzer gpe, der Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen.

CAP-Markt Mainz-Weisenau machte hohe Verluste

Nach Angaben von gpe-Geschäftsführer Jörg Greis schrieb der Markt schon lange rote Zahlen. Bisher wurden die Verluste von den integrativen Bio-Märkten der gemeinnützigen Gesellschaft ausgeglichen. In diesem Jahr war das Defizit aber zu groß, erklärt Greis: "Bis Juni hat der Markt in Weisenau 115.000 Euro Verlust gemacht, das konnten auch die Bio-Märkte nicht mehr ausgleichen." Denn denen geht es seit dem Ukraine-Krieg auch nicht mehr gut.

Einkaufsverhalten der Menschen hat sich geändert

Der CAP-Markt Weisenau bekam im Laufe der Jahre starke Konkurrenz im Stadtteil. Drei große Supermärkte und ein Discounter haben inzwischen eröffnet. Zwar kamen im ersten Halbjahr 66.000 Kunden in den CAP-Markt, aber die haben offensichtlich zu wenig gekauft. "Wenn man mal was vergessen hat, dann kommt man rein, aber die Wocheneinkäufe macht man mit dem Auto", stellt Jörg Greis fest.

Bis zu 50 Prozent der Mitarbeitenden der CAP-Märkte sind psychisch krank

Wegen der hohen Inflation seien die Umsätze sogar leicht rückläufig, so der gpe-Geschäftsführer. Auf der Gegenseite stehen hohe Ausgaben, beispielsweise für Strom. Aber dem CAP-Markt wurde nicht zuletzt auch sein eigenes Konzept zum Verhängnis. Denn bis zu 50 Prozent der Beschäftigten haben psychische Krankheiten wie Borderline-Störungen, Depressionen und Psychosen.

Wir haben eine höhere Personalausstattung als ein Familienbetrieb.

"Diese Menschen sind weniger leistungsfähig", erläutert gpe-Geschäftsführer Greis. Auf jede Vollzeitstelle komme bis zu eine halbe zusätzliche Stelle, um die Minderleistung auszugleichen. "Wir haben eine höhere Personalausstattung als beispielsweise ein Familienbetrieb. Als Inklusionsbetrieb funktioniert das nicht." Die Folge: Der Markt in Weisenau muss schließen.

Mitarbeitende des CAP-Marktes Mainz werden in gpe weiterbeschäftigt

Für die zehn Beschäftigten habe die gpe andere Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden. Dennoch sei man sich bewusst, dass der Verlust einer teilweise langjährigen Arbeitsstelle nicht einfach zu verkraften sei. Man versuche, diese Aufgabe verantwortungsbewusst wahrzunehmen. Für Weisenau steht dagegen fest: Ab Montag hat der Stadtteil einen Supermarkt weniger.

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