Forschung an der Uni Mainz

Frauen leben länger - Warum es am zweiten X-Chromosom liegen könnte

Stand
Autor/in
Damaris Diener
Damaris Diener ist Reporterin im SWR Studio Mainz und bei Das Ding

Wir alle altern. Aber wie alt wir werden, hängt nicht nur von unserer Lebensweise ab. Auch ob wir männlich oder weiblich sind, hat einen Einfluss. Woran das liegt, wird an der Uni Mainz erforscht.

Frauen werden deutlich älter als Männer. Laut dem Statistischen Bundesamt liegt die durchschnittliche Lebenserwartung für im Jahr 2023 geborene Jungen in Deutschland bei 78 Jahren. Bei Mädchen sind es 83 Jahre.

Susann Schweiger leitet das Institut für Humangenetik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Sie und ihr Team gehen davon aus, dass die unterschiedlichen Chromosomen bei Männern und Frauen mit dafür verantwortlich sein könnten.

Zweites X-Chromosom könnte Reserve-Genpool sein

Männer haben ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Frauen haben zwei X-Chromosomen. Chromosomen befinden sich im Inneren unserer Zellen und enthalten unsere Erbinformation. Der Großteil liegt bei Männern auf dem X-Chromosom. Bei Frauen liegen sie ebenfalls auf den X-Chromosen, das zweite X-Chromosom ist allerdings "abgeschaltet".

Ganz vereinfacht gesagt könnte dieses zweite, inaktive X-Chromosom bei Frauen als Reservepool von Genen dienen - so die Annahme der Forschenden. Mit diesen zusätzlichen Genen hätten Frauen also einen Vorteil im Alter.

Ich finde es total faszinierend, welchen Einfluss das Geschlecht auf den Alterungsprozess hat.

Chromosomen-Enden halten bei Frauen länger

Außerdem hat die Forschung herausgefunden, dass sich bei Frauen die Telomere - das sind Schutzkappen an den Enden der Chromosomen - langsamer abnutzen als bei Männern. Diese Kappen sind aber wichtig, damit sich Zellen teilen und auch erneuern können. Wieso die Telomere bei Frauen länger frisch bleiben, das konnten die Forschenden aber noch nicht herausfinden.

Neben dem Geschlecht haben laut Schweiger aber natürlich auch Ernährung und Bewegung einen ganz großen Einfluss darauf, wie alt wir werden und wie gesund wir dabei bleiben.

Forscherin findet Älterwerden spannend

Für immer jung zu bleiben, das ist für Susann Schweiger selbst nicht erstrebenswert. "Wenn alles immer gleich bleiben würde, wäre das ja ein sehr langweiliges Leben", sagt die Forscherin und lacht.

Sie findet es spannend, zu beobachten, was es mit einem Menschen macht, selbst zu altern. Oder auch zu sehen und mitzuerleben, wie die eigenen Eltern oder Kinder älter werden.

Gesund älter werden

Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Longevity: Wollen wir überhaupt unsterblich werden?

Biohacking. Auf ewig leben. Den Körper verjüngen, älter werden als jemals ein Mensch zuvor: Mit der eigenen Sterblichkeit hadern Menschen schon immer. Um dem entgegenzuwirken, versucht man mit Lifestyle und medizinischen Prozeduren, sich und die eigenen Zellen vor dem Altern zu schützen und manchmal gar die biologische Uhr zurückzudrehen.

Wie etwa der 47-jährige US-Unternehmer Bryan Johnson. Die Galionsfigur der Bewegung versucht, mit Bluttransfusionen seines Sohnes, den Körper eines 18-Jährigen wiederzuerlangen und gibt dafür jährlich Millionen Euro aus. Für unseren Gast, den Philosophie-Professor Dr. Martin Booms ist das zu einfach gedacht, denn: Erschöpfung finde zudem auf geistiger Ebene statt. „Als ob ich mit einem jugendlichen Körper sofort alle Möglichkeiten hätte, die ich als 18-Jähriger wirklich hatte? Das ist eine Illusion. Da war ich ja ganz anders drauf.“

Für ihn ist der Wunsch nach dem Verschieben oder Überwinden des Todes auch eine Folge des schwindenden kirchlichen Einflusses. Denn dort sei der Tod lediglich der Übergang zum eigentlichen, ewigen Leben – und damit gar kein Problem. „Als das in einem jahrhundertelangen Prozess als prägendes Gesellschaftsbild weitgehend abgestorben ist, dann kam die Überlegung: Was kommt denn dann? Vielleicht gar nichts. Dann ging dieser Run los“.

Angenommen, uns würde die Unsterblichkeit gelingen – was würde das wirklich mit uns als Menschen machen? Und wie ist die Bewegung mit gesellschaftlichen Herausforderungen zu vereinbaren – wäre die Unsterblichkeit dann ein Privileg der Reichen, während die Armen unter den immer knapper werdenden Ressourcen der Erde leiden?

Zu Gast: Prof. Dr. Martin Booms, Professor für Philosophie und Direktor der Akademie für Sozialethik und öffentliche Kultur
Host: Christian Batzlen
Showrunner: Ines Kunze

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