Die Löcher an der Außenfassade sind notdürftig verputzt, die Kellerfenster sind undicht. "Bei Starkregenereignissen kommt das Wasser durch das geschlossene Fenster“, berichtet Silke Erdenbrecher vom Beirat der Wohnungseigentümer. Mit Sandsäcken und Folie haben die Wohnungseigentümer einen provisorischen Schutz gebaut, doch ihnen fehlt das Geld, um eine fachmännische Sanierung durchführen zu lassen.
Dabei haben die neun Wohnungseigentümer jahrelang genau für solche Fälle in eine sogenannte Instandhaltungsrücklage angespart. "Wir hatten 59.000 Euro und laufen jetzt seit sechs Wochen dem Geld hinterher, was wir dringend benötigen", erzählt Beiratsmitglied Alexandra Lemb.
Mit Geld aus Rücklagen Darlehen vergeben
Das Problem: Ihre ehemalige Hausverwaltung, die Impuls Immobilien Verwaltung Gmbh, hat die 59.000 Euro bei der "Deutschen Rücklagen" in Anleihen angelegt. Diese hat nach eigenen Angaben damit Darlehen an Firmen der Immobilienbranche vergeben. Dieses Vorgehen sei nicht akzeptabel, meint Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. "Gelder von Wohnungseigentümer-Gemeinschaften müssen mündelsicher angelegt werden. Das heißt, man kann nur in Anlagen investieren, die sehr, sehr sicher sind." Das seien etwa Staatsanleihen, Tagesgeld oder Festgelder, bei denen man auch hundert Prozent der angelegten Summe zurückbekomme. Dies sei hier aber nicht der Fall, so Bauer.
Eigentlich hätten die Eigentümer im Rahmen der Eigentümerversammlung über besondere Anlageformen entscheiden müssen, sagt Ralf Schönfeld vom Verband Haus und Grund. Sie seien aber nicht gefragt worden, beteuern die beiden Frauen.
Hausverwaltung weist Kritik zurück
Ein Interview will die Hausverwaltung dem SWR nicht geben. Schriftlich weist sie den Vorwurf zurück. Zitat: "Die Anlage fand 2022 statt und wurde in der Eigentümerversammlung 2023 vorgestellt und ohne Diskussion per Beschluss genehmigt." Darüber hinaus bedürfe es keiner Zustimmung, weil die Anlageform den gesetzlichen Rahmenbedingungen entspreche, so die Impuls.
Nach Aussage der Eigentümer, wurde in der Versammlung mit keinem Wort über die fragliche Anlage informiert, lediglich eine Kopie des Depotauszuges sei in den Unterlagen gewesen - ein Jahr nachdem das Geld angelegt worden sei. Bemerkenswert bei der umstrittenen Anlage ist zudem, dass die Deutsche Rücklagen selbst in ihren Informationen zu den Anlagen vor erheblichen Risiken warnt. Zitat: "Der Erwerb dieses Wertpapiers ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen."
Vertrag gekündigt und Anzeige erstattet
Die Hauseigentümergemeinschaft hat den Vertrag mit der Hausverwaltung im August dieses Jahres gekündigt. Alexandra Lemb und Silke Erdenbrecher haben zudem Anzeige gegen das Unternehmen erstattet. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt - Ausgang offen.
Ihr Geld sollen sie Ende März 2025 zurückbekommen, hat die "Deutsche Rücklagen" ihnen nach der Kündigung geschrieben. Kein Einzelfall: So wie der Hausgemeinschaft in Mainz geht es schätzungsweise mehreren hundert Eigentümern in ganz Deutschland, deren Gelder in umstrittenen Anleihen stecken.