Sie treffen sich immer montags und wollen raus aus der Gewaltspirale. Sozialarbeiter Jonas Marx leitet mit seinem Kollegen von "Contra Häusliche Gewalt" in Landau die wöchentlichen Gruppengespräche. Gerade lassen sich sieben Teilnehmer beraten, überwiegend Männer. Sie kommen aus allen sozialen Schichten, aus allen kulturellen Kreisen, wie Jonas Marx feststellt. "Es gibt nicht den typischen Täter oder die typische Gewaltgeschichte." Jeder Teilnehmer bei Contra hat seine ganz eigene Gewaltgeschichte. Doch das Ziel bleibt gleich: Keine Gewalt mehr in der Paarbeziehung.
Gewalttäter und Opfer: Voller Scham
"Die Scham am Anfang ist natürlich groß", erzählt der 28-jährige Sozialpädagoge Jonas Marx. Das merkt er schon beim ersten Anruf eines Klienten. Das ganze Thema Gewalt bei Tätern und bei Opfern sei schambehaftet. Die ersten Treffen finden alleine mit dem Sozialpädagogen statt, danach gibt es Gruppentreffen, jeden Montag. "Das ist natürlich für viele eine Hürde am Anfang dann auch noch in der Gruppe darüber zu sprechen, doch nach der Zeit wächst die Gruppe zusammen und es wird leichter darüber zu sprechen", so Marx.
Was tun, wenn Aggressionen hochkommen?
So lernen die Teilnehmer, welche Formen von Gewalt es gibt und wie man Gewaltspiralen durchbrechen kann. Eines der Kernelemente sei die "Tatrekonstruktion". Jeder Teilnehmer sucht sich den schlimmsten Gewaltausbruch aus. "Den gehen wir dann wie mit einer Lupe durch", so Marx. Denn durch die Gewalt würden die meisten etwas bestimmtes erreichen wollen: "Sei es Ruhe oder Machtpositionen oder einen Willen durchzusetzen", so der Sozialarbeiter.
Er schaut sich zusammen mit seinen Kollegen und den Teilnehmern dann die Situation ganz genau an und versucht gemeinsam zu erarbeiten, an welcher Stelle der oder die Täter auch hätte anders entscheiden können. "Mit den richtigen Werkzeuge an der Hand kann man vielleicht künftig anders umgehen."
Bei Eskalation - raus aus der Situation gehen
Sollte eine Streitsituation mit der Partnerin kurz vorm Eskalieren sein, erarbeiten die Teilnehmer einen Notfallplan zusammen. "Das ist wirklich das letzte Mittel", so Marx. Ratsam sei es, alles aus den Händen zu nehmen und die Situation zu verlassen. "Dabei ist es wichtig, zu sagen, dass man die Situation gerne verlassen möchte und aber gleichzeitig ankündigt, dass man auch wieder zurückkommt", so Marx. Eine Nacht bei Freunden oder Verwandten sei dann sinnvoll.
Einige der Teilnehmer haben auch selbst Erfahrungen in der Kindheit mit Gewalt gemacht. Deswegen sei auch Prävention in der Kindheit wichtig. Typisch sei, dass die meisten, die an der Beratung teilnehmen, am Anfang erst einmal lernen müssten, klar zu ihrer Tat zu stehen. "Da wird dann gesagt, die Hand sei ausgerutscht oder es sei einfach passiert, da greife ich dann ein, damit die Klienten sich anders ausdrücken", so Marx. Denn es sei was anderes, wenn man sagt, ich habe meiner Partnerin ins Gesicht geschlagen, wie wenn ich sage, die Hand sei ausgerutscht.
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Zum Programm verdonnert oder freiwillig da?
Etwa 25 Prozent der Teilnehmer kommen von sich aus. Wie der Jahresbericht von 2023 der neun Contra-Einrichtungen in ganz Rheinland-Pfalz zeigt, sind darunter auch Männer, die auf Bitte der Partnerin teilnehmen. Der Rest wird von Staatsanwaltschaften, Gerichten, Jugendämtern oder der Polizei hingeschickt. Allerdings: Zeigt der Täter oder die Täterin kein Engagement, wird das Programm abgebrochen. "Das spiegele ich dann direkt der Staatsanwaltschaft wider, wenn es überhaupt keine Einsicht gibt", so Sozialarbeiter Marx.
Alles bleibt anonym
Die meisten der Teilnehmer sind übrigens Männer. 2023 nahmen 17 Frauen von rund 400 Teilnehmern an den Gruppenberatungen teil. Jonas Marx hofft, dass sich noch mehr Männer und Frauen melden, die ihre Aggressionen in den Griff bekommen wollen. "Wenn sich jemand bei mir meldet und dann doch nicht will, telefoniere ich nicht hinterher", so der Sozialarbeiter. Man könne sich sicher sein, dass alles anonym bleibe. "Deswegen kann ich nur dazu ermuntern, Beratungsgespräche anzunehmen."
Die Beratungsstelle "Contra Häusliche Gewalt" hat neben Landau noch weitere Standorte in Frankenthal, Kaiserslautern, Zweibrücken, Bad Kreuznach, Mainz, Trier, Koblenz und Betzdorf. Finanziert wird die Beratung durch das Innenministerium.