Jeder Mensch kann Opfer einer Straftat werden. Meistens sind das einschneidende Ereignisse, die Spuren hinterlassen. Manchmal physisch, oft aber auch psychisch. Alle fünf Polizeipräsidien in Rheinland-Pfalz haben deshalb sogenannte Opferschutzbeauftragte.
"Ich sage immer: Sie können mir alles erzählen, Sie müssen mir nicht alles erzählen", sagt Jana Mohr. Die 29-Jährige ist seit 1. Oktober dieses Jahres Opferschutzbeauftragte am Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen. Wer sie kontaktiert, wird erst einmal beraten. Nicht immer erstatten Opfer auch Anzeige. Die Opferschutzbeauftragte unterliegt zudem der Schweigepflicht.
Opferschutz: Beratung und Hilfe
Manchen Menschen helfe es, noch einmal im Detail zu erzählen, was passiert sei, berichtet Mohr. Anderen tue genau das nicht gut. Darauf achte sie. Wie das Gespräch selbst dann abläuft, ist so unterschiedlich wie die Betroffenen, die zu Jana Mohr kommen. Denn jeder hat andere Bedürfnisse.
Manche hätten konkrete Fragen: Wie komme ich an einen Anwalt? Wie läuft ein Strafverfahren ab? Viele kämpften aber auch mit psychischen Belastungsreaktionen nach solchen traumatischen Erlebnissen. Sie hätten Schlafstörungen und Bilder im Kopf und fragten sich: "Bin ich verrückt?" Denn ihr Körper reagiere normal auf eine Situation, die nicht normal sei. Dann geht die Opferschutzbeauftragte auf die Gefühle ein und fängt die Betroffenen auf.
So geht es nach dem Beratungsgespräch weiter
Auch wie es nach der Beratung weitergeht, ist sehr individuell: In den meisten Fällen könne Mohr an Fachstellen verweisen, wie die Traumaambulanz in Landau, Interventionsstellen für häusliche Gewalt, Frauenhäuser oder den Weißen Ring. Der Opferschutzverein Weißer Ring kümmert sich um Opfer von Straftaten und kann beispielsweise einen Beratungsscheck für einen Anwalt ausstellen. Manchmal geht es auch einfach darum, Betroffenen, die zum Beispiel einen Unfall auf dem Weg zur Arbeit hatten, mit Infos zum Weg zur Berufsgenossenschaft zu helfen. Wenn ein Beratungsgespräch nicht ausreiche, könne es auch noch zwei oder drei weitere mit ihr geben, so Mohr.
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Vor allem Frauen suchen Beratung
Die meisten Menschen, die sich an die Opferschutzbeauftragte wenden, sind zwischen 21 und 64 Jahre alt. Aber: Für die Beratung gibt es keine Altersgrenze. Mohr findet es gut und wichtig, dass jeder, der von einer Straftat betroffen sei, bei ihr eine unabhängige Beratung bekommen könne.
In diesem Jahr seien 80 Prozent derjenigen, die Beratung gesucht hätten, Frauen gewesen. Das sei "sehr gängig, weil Frauen einfach gezielter oder proaktiver Hilfe suchen", beobachtet Mohr. Überwiegend komme der Kontakt zu ihr über Polizeibeamtinnen und -beamte zustande, die erkennen, dass Betroffene Hilfe brauchen. Über deren Daten könne Mohr die Menschen dann kontaktieren. Anfragen kämen aber auch per E-Mail oder Telefon direkt an sie.
Muss man eine Anzeige stellen?
Da die Opferschutzbeauftragte keine Polizeibeamtin ist, unterliegt sie nicht dem sogenannten Strafverfolgungszwang. Das heißt, wenn ihr eine Frau beispielsweise von einem sexuellen Übergriff oder häuslicher Gewalt berichtet, muss sie nicht dafür sorgen, dass strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen werden. Insofern liegt es bei der betroffenen Person, ob sie Anzeige erstatten möchte oder nicht. "Meine Aufgabe ist es, mit den Menschen zu schauen: Was bedeutet es, eine Anzeige zu stellen, und aus welchem Wunsch heraus möchten sie diese Anzeige stellen?", sagt Mohr. Es habe schon Fälle gegeben, bei denen Menschen von außen dazu gedrängt worden seien, zur Polizei zu gehen. Die Betroffenen selbst hätten aber noch mehr Zeit gebraucht, um über das Geschehene nachzudenken und zu entscheiden.
Wann 110 wählen, wann zur Opferschutzbeauftragten?
Den Notruf 110 sollte man immer dann wählen, wenn es eine akute Gefahr oder eine Notsituation gibt. "Mich kann man anrufen, sobald etwas passiert ist", sagt Mohr. An sie kann man sich aber nicht nur wenden, wenn man selbst Opfer einer Straftat wurde, sondern sie berät auch Zeugen und Angehörige. Wenn die sich etwa extreme Sorgen machen oder mitbekommen, dass jemand im eigenen Umfeld Gewalt erlebt, können sie sich von Jana Mohr beraten lassen, was man tun oder wie man in der Situation helfen kann. Mit dem Thema Gewalt an Frauen beschäftigt sich die Opferschutzbeauftragte Jana Mohr auch in einer Folge des Polizei-Podcasts EINFACH.SICHER.
Pfalz: 3.700 Opfer häuslicher Gewalt
Im Bereich des Polizeipräsidium Rheinpfalz wurden im vergangenen Jahr mehr als 3.700 Opfer von häuslicher Gewalt registriert – etwa 2.600 waren Frauen. Das sind etwa sieben weibliche Opfer pro Tag in der Vorder- und Südpfalz.
Opferschutzbeauftragte: "Wichtig, dass man zuhört"
Als Opferschutzbeauftragte muss sich Jana Mohr jeden Tag mit Themen wie häuslicher Gewalt oder mit Sexualstraftaten beschäftigen. Damit könne sie aber gut umgehen, sagt die 29-Jährige. Als Opferschutzbeauftragte unterstütze sie vor allem Betroffene. "Und ihnen ist schon sehr geholfen, dass man da ist und dass man zuhört."
Gewalt gegen Frauen nimmt zu
Am 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. In Rheinland-Pfalz registrierte die Polizei im Jahr 2023 13.810 Opfer häuslicher Gewalt, das sind etwa 38 Opfer pro Tag, von denen 70 Prozent weiblich waren.
Laut Bundeskriminalamt ist die Zahl der registrierten Fälle von Gewalt gegen Frauen in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren angestiegen. So gab es im Jahr 2023 mehr als 180.000 Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen oder Mädchen, die Polizei oder Staatsanwaltschaft bekannt geworden sind. Im Jahr zuvor waren es noch rund 170.000.
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Kontakt zur Opferschutzbeauftragten Jana Mohr
Die Opferschutzbeauftragte des Polizeipräsidiums Rheinpfalz ist unter Tel. 0621/ 963-21154 oder per E-Mail unter opferschutz.pprheinpfalz@polizei.rlp.de erreichbar.