Maskenpflicht fällt weg

Koblenz und Umgebung: Wie Betroffene unter Long-Covid leiden

Stand
Autor/in
Christina Nover
Autorin Christina Nover
Martina Gonser
Bruno Nonninger

Während die Maskenpflicht wegfällt, haben viele Menschen immer noch mit den Folgen von Corona zu kämpfen. Die Wartezimmer bei Long-Covid-Ärzten in der Region Koblenz sind voll.

Etwa zwei Jahre ist es her, dass sich die Ergotherapeutin Petra Reepen auf der Arbeit in Koblenz mit dem Coronavirus infiziert hat - trotz FFP2-Maske und kurz vor ihrer ersten Impfung. Es folgte ein mittelschwerer Verlauf, doch das Schlimmste sollte erst noch kommen. Sie entwickelte Long-Covid-Symptome, mit denen sie auch heute noch zu kämpfen hat. Mediziner sprechen in diesem Fall von einem Post-Covid-Syndrom.

Ärzte-Marathon führte zur Uni Mainz

Totale Erschöpfung, Luftnot, kognitive Probleme - das sind nur drei der Symptome, die sich bei Petra Reepen nach ihrer Covid-19-Erkrankung zeigten. Was folgte war ein Ärzte-Marathon. Doch die Untersuchungen brachten nichts zu Tage. "Das war wirklich heftig die erste Zeit. Dass keiner versteht, was mit einem los ist. Man fängt an, an sich zu zweifeln", erinnert sich Reepen.

Corona-Spätfolgen Long Covid: Neues aus der Forschung zu Ursachen und Therapien

Längst nicht allen, die Corona hatten, geht es gesundheitlich wieder gut. Manche haben noch Wochen und Monate danach Beschwerden - Long Covid betrifft viele und noch immer gibt es viele Fragezeichen. 

Die Wende kam mit der Teilnahme an einer Studie der sportmedizinischen Abteilung der Uni Mainz. Hier wurde ein Belastungs-EKG gemacht, mit schockierenden Ergebnissen: "Nach der zweiten Untersuchung war klar: Ich darf mich durchschnittlich nicht mehr als 25 Watt belasten. Für ne Spülmaschine auszuräumen braucht es 85 Watt. Also das ist fast nichts."

"Endlich hab ich verstanden, was mein Problem ist, und ich konnte lernen, damit umzugehen."

So niederschmetternd die Ergebnisse auch waren, für Petra Reepen ist die Diagnose, die sie von den Medizinern erhält, auch eine Erleichterung: "Endlich hab ich verstanden, was mein Problem ist, und ich konnte lernen, damit umzugehen." Dass sie an der Studie teilnehmen konnte, bezeichnet sie deshalb als "Sechser im Lotto". Viele andere Betroffene mit Long- oder Post-Covid hätten dieses Glück nicht.

Hier finden Long-Covid-Kranke in Koblenz Hilfe

Eine Anlaufstelle für Long-Covid-Erkrankte in der Region Koblenz ist das ambulante Corona-Kompetenz-Zentrum mit Sitz am Altlöhrtor in Koblenz. Die Patientinnen und Patienten kommen aus Mainz, Frankfurt oder Saarbrücken in der Hoffnung, geheilt zu werden. In vielen Städten ist der Andrang so groß, dass es dort einen Aufnahmestopp gibt.

Die Hausärztin Dr. Astrid Weber hat das interdisziplinäre Koblenzer Corona-Kompetenz-Zentrum mit aufgebaut. Sie sagt, dass sie inzwischen rund 300 an Long-Covid erkrankte Kinder, Frauen und Männer behandelt habe. Sechs von ihnen haben demnach einen nachgewiesenen Impfschaden, aber mit denselben Beschwerden zu kämpfen wie Long-Covid-Patienten.

Long-Covid: Lange Wartezeiten in Long-Covid-Ambulanz

Weil es lange Wartezeiten gibt, sieht Astrid Weber vermehrt kränkere Menschen in der Ambulanz: "Der Andrang ist gleichbleibend, aber die Patienten, die ich sehe, werden eher kränker." Weber bringt das in Verbindung mit dem langen Krankheitsverlauf, den die Patienten schon hinter sich haben. Es gebe aber auch immer wieder Fälle, wo sich der Zustand so weit verbessere, dass die Menschen nicht mehr kommen würden.

Behandlung von Post-Covid in Bad Ems

Fast 2.000 Patientinnen und Patienten hat der Lungenfacharzt Dr. Wolfgang Neumeister seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 schon behandelt. Neumeister bietet eine wöchentliche Post-Covid-Sprechstunde in seiner Ambulanz in der Hufeland-Klinik in Bad Ems an. Die Klinik hat sich unter anderem auf die akute Versorgung und Rehabilitation von Lungenerkrankungen spezialisiert.

Post-Covid vor allem bei Corona-Kranken der ersten Wellen

Aktuell kommen nach Angaben von Neumeister jede Woche noch etwa zehn Patienten wegen Long- oder Post-Covid. 40 Patienten befinden sich in einer stationären Reha-Behandlung in der Klinik. Inzwischen wisse man, dass Post-Covid beim Ursprungsvirus sowie der Alpha- und Beta-Variante wesentlich häufiger vorkommt als bei den späteren Virusvarianten, wie Delta oder Omikron. Auch die Anzahl der Impfungen würde eine Rolle bei Post-Covid spielen.

In der Regel würden sich Post-Covid-Symptome nach neun bis zwölf Monaten bessern. Sei die Covid-Erkrankung mild verlaufen, auch schon nach vier bis fünf Monaten. Ein Teil der Patienten habe aber auch darüber hinaus weiter Probleme. Dennoch spreche die Zeit für die Patienten. Denn im Laufe der Zeit nehme die Erkrankungsschwere ab.

Gute medizinische Versorgung der Patienten wichtig

Im Moment gebe es im Raum Koblenz relativ wenige Post-Covid-Ambulanzen, sagt Lungenfacharzt Neumeister. Wichtig sei deshalb ein dichtes Netz an Kooperationen, bestehend aus Hausärzten, Neurologen, Kardiologen, Lungenfachärzten und auch Psychotherapeuten. Es brauche Anlaufstellen, in denen die Patienten gut betreut und die Vielzahl der Erkrankungssymptome entsprechend gezielt und individuell behandelt werden können.

Post-Covid-Patientin Petra Reepen beim Training auf dem Ergometer
Petra Reepen absolviert ein speziell angepasstes Intervall-Training auf dem Ergometer.

Manch ein Long-Covid-Erkrankter erlebt sogar eine Spontanheilung. Petra Reepen ist von einer Heilung hingegen noch weit entfernt. Sie muss sich schonen, wo es nur geht - körperlich, wie psychisch. Die alleinerziehende Mutter hat jetzt eine Haushaltshilfe. Ihre drei Söhne - 13, 15 und 17 Jahre alt - unterstützen sie, so gut es geht.

Mit leichtem Training zurück ins Leben

Um ihren Körper langsam wieder aufzubauen, absolviert Reepen ein leichtes Training auf dem Ergometer im Wohnzimmer. Nach einem Rückschlag im vergangenen Jahr macht sie derzeit wieder kleine Fortschritte. Jüngst hat sie mit ihrer Wiedereingliederung auf der Arbeit angefangen. Eine Stunde pro Woche, ein leichter Bürojob. Auch wenn sie nicht weiß, ob und wann sie wieder als Ergotherapeutin am Patienten arbeiten darf, freut sie sich: "Das ist ein großes Geschenk der Teilhabe."

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