- Mögliche Symptome bei Long Covid
- Wie verbreitet ist Long Covid?
- Diese Personen sind besonders von Long Covid betroffen
- Long Covid bei Kindern - die Studienlage
- Das ist bei Long Covid zu tun
- Mögliche Ursachen von Long Covid
- Langanhaltende Symptome auch bei anderen Infektionen
- Erhöht eine Reinfektion das Risiko für Langzeitschäden?
Long Covid mindert die Lebensqualität: Viele Menschen können ihren Job nicht mehr ausüben wie zuvor. Eine neuveröffentlichte Studie der TU Dresden gibt neue Einblicke in die Verbreitung und Symptome von Long Covid im ersten Pandemiejahr. Sie gilt als die bisher größte Studie in diesem Bereich. Was sie zeigt: Long Covid betrifft alle Altersgruppen.
Diese Symptome deuten auf Long Covid hin
Von Long Covid spricht man dann, wenn Patienten länger als 4 Wochen nach der Infektion mit dem Coronavirus anhaltende oder wiederkehrende Symptome aufweisen, so die WHO. Damit unterscheiden sie sich von Post Covid Patienten, welche auch noch 12 Wochen nach der Infektion über Atemnot oder dauerhafte Erschöpfung klagen.
Laut einer aktuellen amerikanischen Studie mit 16 000 Teilnehmenden gehören zu den meistgenannten Symptomen Kurzatmigkeit, Belastungsintoleranz, Fatigue, Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Schwindel, Schlafstörungen und „brain fog. Der sogenannte „brain fog“ beschreibt wortwörtlich ein vernebeltes Gehirn, gemeint sind Bewusstseinseintrübungen. Die Betroffenen leiden unter dem Gefühl nicht mehr zu funktionieren, es kommt unter anderem zu Wortfindungsstörungen, Konzentrationsproblemen und Vergesslichkeit.
In einer anderen aktuellen Studie heißt es jetzt sogar: Haarausfall, Libidoverlust und Ejakulationsstörungen gehören auch mit zu den häufigsten Symptomen. Ejakulationsstörungen wurden von den Infizierten rund 2,6 Mal häufiger genannt als von den Nicht-Infizierten und ein Verlust des Sexualtriebs rund 2,3 Mal häufiger.
Wie verbreitet ist Long Covid?
Auf etwa jede 10. Corona-Erkrankung folgt Long Covid: Mindestens 65 Millionen Menschen weltweit sind laut einer neuen Studie aus den USA betroffen. Allein in Deutschland geht man von ungefähr einer Million Betroffenen aus. Für diese Übersichtsstudie werteten die Forschenden die aktuelle Studienlage zum Thema aus. Auch wenn die meisten Long Covid Patienten wieder gesund werden, gibt es einige, die die Symptome nicht mehr loswerden und kaum noch fähig sind am Leben teilzunehmen.
Noch gibt es keine eindeutigen Marker, wie z.B. einen bestimmten Blutwert, mit dem Long Covid eindeutig diagnostiziert werden kann. Bisher existieren es nur wenige Hinweise auf messbare Veränderungen - das muss noch weiter erforscht werden.
Die Wahrscheinlichkeit nach einer Coronaerkrankung Long Covid zu entwickeln ist abhängig von der Virusvariante. Mit Omikron scheint die Wahrscheinlichkeit einer Long Covid Erkrankung zu sinken, so eine britische Studie.
Etwa ein Prozent erkrankt nach einer Infektion sogar an dem chronischen Fatigue Syndrom. Bei dem chronischen Erschöpfungssyndrom sind die Betroffenen teilweise sehr stark eingeschränkt - bis hin zur Berufsunfähigkeit. Dieses Syndrom ist nicht neu und tritt auch nach anderen Infektionskrankheiten auf. Aber weil sich jetzt so viele infiziert haben, rechnen Mediziner mit so vielen Fatigue-Erkrankungen wie noch nie.
Interview Coronavirus kann das Chronische Fatigue-Syndrom auslösen
Nach einer Corona-Infektion leiden einige Infizierte am Chronischen Fatigue-Syndrom – einer Krankheit, die bis jetzt unheilbar ist. Doch das soll sich ändern.
Wer gehört zur Risikogruppe?
Es scheint, als hätten übergewichtige Menschen ein höheres Risiko für Long Covid. Aktuelle Studien haben ergeben, dass Frauen im Vergleich zu Männern etwa doppelt so häufig von Long Covid betroffen sind. Außerdem haben besonders Patient*innen mit schwerem Verlauf während der akuten Erkrankung mit Covid ein erhöhtes Risiko Long Covid zu entwickeln. Aber auch bestimmte Autoimmunkrankheiten oder Vorerkrankungen wie Diabetes oder Asthma können das Risiko steigern. Doch Long Covid kann auch Kinder treffen.
Was ist über Long Covid bei Kindern bekannt?
Kinder haben ein geringeres Risiko an Long Covid zu erkranken als Erwachsene, so viel steht fest. Bisherige Studien zeigten, dass zwischen 1 bis 14 Prozent der Kinder und Jugendlichen nach einer Coronaerkrankung an Long Covid leiden. Laut Daniel Vilser, Leiter der Long Covid Ambulanz für Kinder und Jugendliche in Jena, ist hierbei jedoch zu beachten, dass die bisherigen Zahlen vor Omikron erhoben wurden. Mit der Omikron-Variante beobachtet er jedoch weniger Fälle bei Kindern.
Die Auswertung der neuen Studie der TU Dresden zeigte, dass im ersten Pandemiejahr bei Kindern andere Symptome dominierten als bei Erwachsenen. So litten Kinder am häufigsten unter Unwohlsein, Müdigkeit, Erschöpfung, Hals-/Brustschmerzen und Husten. Während bei Erwachsenen Geruchs-/Geschmacksstörungen, Fieber und Atemnot die wichtigsten Symptome darstellten.
Eine andere deutsche Studie kommt zum Schluss, dass Kinder vermutlich nur ein sehr geringes Risiko für Long Covid haben. Die Daten wurden im Rahmen der Sars Cov 2 Kids Studie vergangenes Jahr an neun deutschen Kinderkliniken erhoben, darunter Tübingen, Freiburg, Heidelberg und Mannheim.
Das Forscherteam wollte wissen, ob Kinder nach einer Covid-Erkrankung häufiger Zeichen von chronischer Erschöpfung zeigen als Kinder, die sich nicht infiziert hatten. Dafür suchten sie im Blut von 634 Kindern und Jugendlichen nach Spuren einer durchgemachten Covid-Infektion – bei 100 wurden sie fündig. Die meisten von ihnen wussten gar nicht, dass sie schon mal Corona gehabt hatten.
Alle teilnehmenden Familien bekamen Fragebögen zu typischen Long Covid Symptomen: unter anderem starke Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schlafprobleme, Abgeschlagenheit. Bei der Auswertung zeigte sich dann, dass auch die Kinder, die vorher gar kein Covid hatten, häufig unter diesen Symptomen litten. Möglicherweise als Folge von Lockdown und Pandemie-Stress. Die Fachleute verweisen selbst auf eine mögliche Schwäche ihrer Studie: es wurde nicht geschaut, wie stark die Kinder erkrankt waren – bei schwerem Covid könnte das Risiko für Langzeitfolgen auch bei Kindern erhöht sein.
Eine aktuelle Meta-Analyse berichtete, dass Kinder und Jugendliche im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Sars-CoV-2-Infektion ein erhöhtes Risiko für kognitive Störungen, Kopfschmerzen, Geruchsverlust, Halsschmerzen und entzündete Augen zeigen.
Eine bislang als Preprint veröffentlichte Analyse in Deutschland bestätigt, dass bei Kindern und Jugendlichen nach einer COVID-19-Erkrankung langfristig häufiger verschiedene körperliche und psychische Diagnose- und Symptomkomplexe auftreten.
Im Projekt „LongCoCid“ soll das Krankheitsbild bei Kinder deshalb tiefer erforscht werden. Der Forschungsschwerpunkt liegt nach Aussagen der Leiterin der Experimentellen Pädiatrie der Universitätsmedizin Magdeburg, Prof. Dr. Monika Brunner-Weinzierl, auf dem Zusammenhang zwischen Long Covid und Autoimmunkrankheiten und Allergien.
Mithilfe von immunologischen Markern, die auf eine Entzündung am Gefäßsystem im Gehirn hinweisen können, soll untersucht werden, inwiefern eine Long Covid Erkrankung das Risiko erhöht, eine Autoimmunkrankheit oder Allergie zu entwickeln.
Etwas anders sieht das bei dem "Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome" kurz PIMS aus. Die seltene Entzündungserkrankung, die verschiedene Organe und Blutgefäße angreift. Sie tritt ein paar Wochen nach der Corona-Infektion auf. Die Symptome sind zum Beispiel Bauchschmerzen, Durchfall oder hohes, langanhaltendes Fieber. Behandelbar ist es allerdings sehr gut - mit Cortison oder Antibiotikatherapien und es wird deshalb nicht zu Long Covid gezählt.
Was kann man gegen Long Covid tun?
Unklar ist bislang, was die Langzeitfolgen der Coronainfektion verursacht. Derzeit sind nur die Symptome der Langzeitfolgen behandelbar. Diese bessern sich nach spätestens zwei bis drei Monaten, wie bisherige Beobachtungen zeigen. In wenigen Fällen kann Long Covid allerdings länger anhalten, unter Umständen sogar dauerhaft bleiben.
Da für eine gezielt medikamentöse Behandlung zunächst die Ursachen von Long Covid klar ermittelt werden müssen, werden bislang spezifische Therapien zur Behandlung funktioneller oder kognitiver Leistungsminderungen eingesetzt. Die Behandlungsmethode richtet sich dabei nach dem Schwerpunkt der Symptome. Während Sprach- oder Schluckstörungen mithilfe von Logopädie behandelt werden können, bietet sich beispielsweise die Ergotherapie zur Verbesserung der Wahrnehmung und Bewegung von Armen und Beinen an.
Eine Physiotherapie hingegen kann mithilfe gezielter Atemtherapien oder Krankengymnastik zur Förderung von Kraft, Ausdauer oder Koordination eingesetzt werden. Und auch wenn eine Reha keinen Heilungserfolg garantiert, so kann diese doch bei besonders schweren Fällen zur Besserung beitragen. Bei emotionalen Belastungen wie Depressivität oder Ängste hingegen können Psychotherapien helfen oder auch der Eintritt in eine Selbsthilfegruppe, in der man sich mit anderen Betroffenen austauschen kann.
Eine Studie aus Israel zeigte, dass eine zweifache Schutzimpfung die Häufigkeit und Ausprägung von Long-Covid-Symptomen nach einer Durchbruchinfektion mildern kann.
Was ist über die Ursachen von Long Covid bekannt?
Eine Covid-19 Erkrankung beeinflusst auch die Blutzirkulation. Daher suchten Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin in Erlangen im Blut nach Hinweisen zur Ursache der langanhaltenden Symptomatik – mit Erfolg. Bis zu sieben Monate nach einer Coronainfektion bleiben weiße Blutkörperchen deutlich verändert. Die Veränderungen betreffen unter anderem die Verformbarkeit der Zellen, was zu einem veränderten Blutfluss und einem erhöhten Risiko für Gefäßverschlüsse führen kann. Dennoch bleibt es abschließend zu klären, ob diese Veränderungen wirklich die Ursache für eine Long Covid Erkrankung sind. Auch eine andauernde, latente Herzmuskelentzündung könnte einer neuen Studie zufolge Herzprobleme nach einer Covid-19 Infektion erklären. Dennoch ist die Datenlage noch zu gering, um weitere Schlüsse ziehen zu können.
Im Kampf gegen schwere Corona-Erkrankungen erproben Kliniken im Rahmen einer schwedischen Studie auch eine neue Behandlungsmethode: die hyperbare Sauerstofftherapie in einer Druckkammer, die die Sauerstoffversorgung verbessern und insgesamt Entzündungen abschwächen soll.
Eine neue Studie gibt jedoch Hinweise, dass Long Covid auch durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems oder Autoimmunreaktionen ausgelöst werden könnte. So ließen sich auch noch lange nach der akuten Infektion Entzündungsreaktionen im Körper nachweisen, welche die Ursache für andauernde Beschwerden oder Gewebeschäden sein könnten. Doch auch die Nebenwirkungen der Covid-19-Therapie und der Einsatz von Medikamenten bei schweren Verläufen könne die Ursache für anhaltende Einschränkungen sein.
Langanhaltende Symptome treten auch bei anderen Infektionen auf
Langanhaltende Symptome infolge der akuten Infektion werden auch bei anderen Krankheiten wie zum Beispiel bei einer Infektion mit Grippeviren beobachtet. Auch das Epstein-Barr-Virus, welches das Pfeiffersche Drüsenfieber auslöst, kann zu langanhaltenden Erschöpfungszuständen führen.
Im Umkehrschluss könnte es aber auch sein, dass das chronische Erschöpfungssyndrom, ME/CFS, über das man bisher sehr wenig weiß, durch eine Viruserkrankung ausgelöst wird. Menschen, die darunter leiden, sind zum Teil kaum mehr zu einem normalen Leben fähig. Die Ursache des Syndroms ist bisher unbekannt. Bis vor ein paar Jahren wurde die Krankheit deswegen noch von vielen nicht ernst genommen.
Erhöht eine Reinfektion das Risiko für Langzeitschäden?
Die wissenschaftlichen Meinungen gehen weit auseinander, ob eine Reinfektion das Risiko für Langzeitschäden erhöht. Erste Forschungsergebnisse sagen ja, dass das Risiko für lange COVID-Folgeschäden mit nach der zweiten und dritten Infektion steigt. An der Berliner Charité wurde beispielsweise beobachtet, dass die meisten Menschen nach der ersten Infektion Long Covid entwickelt haben und selten nach einer erneuten Infektion.
Die Wahrscheinlichkeit, Long Covid zu entwickeln, nehme mit der Zahl der Infektion ab, sagt die Neuroimmunologin Judith Bellmann-Strobl von der Charité. Denn Antikörper und T-Zellen werden immer besser darin, Sars-CoV-2 einzudämmen. Das würde sich auch in den aktuellen Zahlen widerspiegeln, da ansonsten die Long Covid Zahlen wesentlich höher sein müssten.