Von der Insolvenz betroffen sind nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) die Kliniken in Altenkirchen, Kirchen, Hachenburg, Neuwied und Alzey. Die 2.500 Beschäftigten sind demnach am Freitag persönlich in Mitarbeiterversammlungen durch den Aufsichtsrat und den vorläufigen Insolvenzverwalter informiert worden.
Insolvenzantrag wegen rückwirkender Forderungen für Betriebsrente
Im August dieses Jahres hatten die DRK-Krankenhäuser nach eigenen Angaben erfolgreich die Insolvenz in Eigenverwaltung abgeschlossen. Die Krankenhäuser sind demnach jetzt erneut zahlungsunfähig geworden, weil sie eine rückwirkende Forderung von einer der Zusatzversorgungskassen, der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK), für die Betriebsrente erhalten haben. Es handele sich dabei um einen dreistelligen Millionenbetrag, den die Krankenhäuser aktuell nicht aufbringen könnten.
Gehälter für 2.500 Beschäftigte durch Insolvenzgeld gesichert
Daher hat die DRK-Trägergesellschaft Süd-West jetzt einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Mainz gestellt. Die Gehälter und der Krankenhausbetrieb seien für die nächsten drei Monate gesichert. Mit dem Insolvenzgeld übernimmt die Arbeitsagentur laut DRK das volle Gehalt für die 2.500 Mitarbeitenden.
Gesundheitsminister Hoch zu Klinik-Insolvenzen Medizinische Versorgung hat "oberste Priorität"
Fünf DRK-Kliniken in Rheinland-Pfalz haben Insolvenz angemeldet. Im SWR-Interview erklärt Gesundheitsminister Hoch, wie nun die nächsten Schritte aussehen.
Darüber hinaus gebe es den betroffenen Kliniken Zeit, weitere Sanierungsschritte einzuleiten. Im nächsten Schritt soll der Insolvenzverwalter einen Plan ausarbeiten, wie die Kliniken weiter betrieben werden können.
Mitarbeitende sind geschockt
Die Vorsitzende des Betriebsrats des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Altenkirchen, Sonja Klimek, sagte dem SWR: "Wir sind alle geplättet und hoffen, dass es dieses Mal anders läuft als beim letzten Mal." Während des vorangegangenen Insolvenzverfahrens war das Krankenhaus in Altenkirchen zum MVZ umgewandelt worden. Viele Angestellte mussten damals den Standort wechseln oder sich eine neue Stelle suchen.
Landrat Enders aus Altenkirchen im engen Austausch mit Minister
Die erneute Zahlungsunfähigkeit der DRK-Trägergesellschaft Süd-West trifft den Kreis Altenkirchen besonders hart. Während der Westerwaldkreis und der Landkreis Neuwied auch noch über andere Krankenhäuser verfügen, gibt es dort nur die Klinik in Kirchen und das MVZ in Altenkirchen.
Peter Enders, Landrat des Kreises Altenkirchen (CDU), zeigt sich dementsprechend schockiert von der Nachricht. Die erneute Insolvenz treffe die Region, aber vor allem die Beschäftigten. Für den Kreis stellt sich nach seinen Angaben die Frage, wie die stationäre Versorgung mit Blick auf Kirchen und Krankenpflegeschule weitergeht und ob dort die Arbeitsplätze gesichert werden können.
Als Landrat stehe er derzeit auch mit dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in Kontakt. "Es geht jetzt darum, die Versorgungsfragen im Kreis Altenkirchen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen neu zu bewerten. Das werden wir in den nächsten Tagen auch in den Kreisgremien tun", sagt Enders.
Minister Hoch will noch vor Weihnachten mit den Landräten beraten
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch betonte, er bedauere die Entwicklung sehr, sei sich aber sicher, "dass wir gemeinsam mit der kommunalen Familie vor Ort gute Lösungen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung finden werden". Der SPD-Politiker kündigte an, dazu noch vor Weihnachten die Landräte zum Gespräch einzuladen.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel ist verärgert über die erneut drohende Insolvenz. Das Land muss laut Rüddel seiner Verantwortung gerecht werden und die Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz ausreichend finanzieren. "Der Westerwald und insbesondere der Landkreis Altenkirchen brauchen eine sichere und zuverlässige Krankenhausversorgung", kritisiert Rüddel.
Kliniken im Westerwald wurden umstrukturiert
Im Zuge des letzten Insolvenzantrags wurden vor allem bei den Kliniken im Westerwald teils größere Umstrukturierungen und Einsparmaßnahmen vorgenommen. In Hachenburg wurde zum Beispiel trotz großen Widerstands im Frühjahr die Geburtsstation dauerhaft geschlossen.
Das Krankenhaus in Altenkirchen ist zu einem ambulanten medizinischen Zentrum umgestaltet worden. Es gibt dort jetzt nur noch 20 Kurzzeit-Betten statt der 170 Betten vor der Insolvenz.