Am Dienstag hat das Deutsche Rote Kreuz bekanntgegeben, dass fünf DRK-Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz Insolvenz anmelden müssen. Darunter allein drei Krankenhäuser im Westerwald, in Altenkirchen, Kirchen und Hachenburg, sowie in Neuwied und in Alzey.
In Hachenburg sorgt das für viel Unruhe bei den Menschen vor Ort. Sie sind besorgt und bangen um den Erhalt der DRK-Klinik. Denn das Krankenhaus Dierdorf/Selters sei etwas mehr als 20 Kilometer weit entfernt, sagten sie dem SWR bei einer Straßenumfrage. Und die nächsten Kliniken mit Geburtsstationen seien noch weiter weg.
Die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Hachenburg, Gabriele Greis (SPD), sagte dem SWR, das Krankenhaus sei nicht wegzudenken. "Ein Wegfall wäre durch nichts zu kompensieren. Wie sind auf dem Land, wir haben sowieso Schwierigkeiten mit der ärztlichen Versorgung. Da gehört das Krankenhaus elementar zur Gesundheitsvorsorge und zur ärztlichen Versorgung mit dazu."
So wie andere Kommunalpolitiker im Westerwald und in Neuwied hofft auch Greis auf einen positiven Ausgang der Sanierung.
Landräte der Kreise Altenkirchen und Westerwald nicht überrascht
Auch der Landrat des Westerwaldkreises, Achim Schwickert (CDU), reagiert betroffen auf den Insolvenzantrag. Er sagte aber dem SWR, er sei nicht überrascht. Denn landauf und landab "seien so gut wie alle Träger kleinerer aber auch größerer Krankenhäuser zwischenzeitlich in eine wirtschaftliche Notlage geraten".
Der Landrat des Kreises Altenkirchen Peter Enders (CDU) ist selbst beratendes Mitglied im Aufsichtsrat der DRK-Trägergesellschaft Süd-West. Er äußerte sich schriftlich auf eine SWR-Anfrage: "Wer zuletzt aufmerksam die Krankenhauslandschaft beobachtet hat, konnte nicht übersehen, dass auch große Kliniken und Klinik-Verbünde in finanzielle Schieflage geraten sind – um es einmal sehr vorsichtig zu formulieren."
Beide Landräte betonen außerdem, dass es wichtig sei, jetzt eine gute Lösung zu finden und die Kliniken zu erhalten und somit auch den Mitarbeitenden eine sichere Perspektive zu geben.
Landrat Enders: Klinikneubau in Müschenbach überdenken
Für den Landrat Enders kann es angesichts der neuen Entwicklung auch kein stures Festhalten am geplanten Klinikneubau geben. Dabei sollen die beiden Krankenhaus-Standorte Altenkirchen und Hachenburg an einem Standort zusammengelegt werden. Die neue Klinik soll in Müschenbach gebaut werden, nur wenige Kilometer von Hachenburg entfernt.
Nach Angaben der DRK-Krankenhausgesellschaft ist der geplante Neubau in Müschenbach nicht von der Insolvenz betroffen. Dennoch, so Enders gegenüber dem SWR, sollte dieses Projekt jetzt überdacht und komplett neu bewertet werden.
Krankenhaus-Gesellschaft: Politik hat Ernst der Lage nicht erkannt
Inzwischen hat die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz Vorwürfe gegen die Politik in Bund und Land erhoben. Geschäftsführer Andreas Wermter sagte am Mittwoch in Mainz, ein Krankenhausträger mit Standorten, die für die Krankenhausversorgung in Rheinland-Pfalz unverzichtbar seien, gerate in finanzielle Schieflage und "die Politik auf Landes- und Bundesebene schaut tatenlos zu."
Statt finanzielle Soforthilfen auf den Weg zu bringen, werde auf die geplante Krankenhausreform verwiesen. Doch deren möglicherweise positive finanzielle Auswirkungen würden erst in ein paar Jahren greifen. Die Politik habe den Ernst der Lage nicht erkannt und nehme weitere unkontrollierte Insolvenzen in Kauf, kritisiert Wermter.
Reaktionen der Landespolitiker in RLP
Kritik an der Gesundheitspolitik aus Bund und Land kommt auch von Abgeordneten im rheinland-pfälzischen Landtag. So kritisiert etwa Michael Wäschenbach (CDU), der im Landtag den Wahlkreis Betzdorf/Kirchen (Sieg) vertritt, Bund und Land ließen die Krankenhäuser vorsätzlich im Stich.
In einer Mitteilung heißt es: "Viele Krankenhäuser haben Liquiditätsprobleme und kämpfen seit Wochen ums Überleben. Minister Lauterbach und auch RLP-Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD) haben aber signalisiert, dass sie den aktuellen Überlebenskampf der Krankenhäuser nicht unterstützen wollen."
Ähnlich äußert sich auch die Landtagsabgeordnete Ellen Demuth (CDU) aus Linz am Rhein. "Rheinland-Pfalz ist ein Flächenland, deshalb muss die medizinische Versorgung in allen Landesteilen erhalten bleiben und qualitativ gut aufgestellt sein.
Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Mainzer Landtag, Jan Bollinger, teilte am Mittwoch mit, Krankenhäuser gehörten zur kritischen Infrastruktur, für deren Betrieb das Land mit aufkommen müsse. Das Land müsse einen Hilfsfonds aufsetzen und seine Beteiligung an den Investitionskosten der Kliniken ausbauen.
Christian Zöpfchen, Generalsekretär der FREIEN WÄHLER Rheinland-Pfalz, sagte zur Insolvenz der DRK-Krankenhäuser: "Die alarmierende Krise bei der DRK-Krankenhausgesellschaft ist keine Überraschung, sondern das Resultat von wiederholter Ignoranz der Landesregierung." Für Zöpfchen ist die sofortige Schaffung einer Landeskrankenhausgesellschaft zum Auffangen notleidender Krankenhäuser eine absolute Notwendigkeit.
Rheinland-pfälzischer Gesundheitsminister Hoch: Unterfinanzierung ist dramatisch
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) hatte schon am Dienstag gesagt, der Antrag der DRK-Krankenhausgesellschaft auf Eröffnung eines Eigenverwaltungsverfahrens zeige, "wie dramatisch die Unterfinanzierung der laufenden Kosten unserer Krankenhäuser durch den Bund und die Kostenträger sind".
Ein kleiner Lichtblick sei aber, dass das DRK an allen Häusern weiterhin die medizinische Versorgung sicherstelle und eine Neuausrichtung der Kliniken anstrebe.