Ein internationales Forscherteam hat mehr als 90 europäische Großstädte untersucht, darunter sieben deutsche Metropolen. Ergebnis in Kurzfassung: Mehr Schatten spendende Baumkronen in den vielfach betonierten Innenstädten würden die Temperatur reduzieren - und die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Hitze deutlich senken.
Nun ist es ja nicht so, dass es hierzulande an Bäumen mangelt. Aufs ganze Land gesehen ist Rheinland-Pfalz, neben Hessen, das Bundesland mit den meisten Bäumen. Allerdings überwiegend in zusammenhängenden Waldflächen. Hier lässt sich auch bei Sommerhitze leichter ein schattiges, kühleres Plätzchen finden. Wie aber ist es um den Baumbestand in den größeren Städten bestellt? Und was tun die Kommunen, um ihren Baumbestand zu sichern - und idealerweise zu vergrößern? Wir haben uns im Land mal umgeschaut.
Wie Bäume Städte kühlen können, haben wir in dieser Grafik auf Instagram zusammengefasst:
Wie viele Bäume hat die Stadt?
Eins vorweg: In den zehn angefragten größten Städten in Rheinland-Pfalz kommt auf eine Einwohnerin, einen Einwohner statistisch gesehen noch nicht einmal ein ganzer Baum. Beispielsweise Trier mit rund 110.500 Bewohnern (Stand Ende 2021) hat nach Auskunft der Stadt geschätzte 89.000 Bäume. Etwa die Hälfte davon ist im städtischen Baumkataster erfasst. In Ludwigshafen kommen etwa 133.000 Stadtbäume auf mehr als 170.000 Einwohner. In Koblenz "teilen" sich gut 113.000 Einwohner etwa 58.000 Bäume.
Die Landeshauptstadt Mainz teilte auf SWR-Anfrage mit, dass im städtischen Baumkataster derzeit rund 55.700 Bäume erfasst sind. Dazu zählen Standorte wie Straßen und Grünanlagen sowie städtische Einrichtungen. Daneben gibt es eine ungenannte Zahl nicht registrierter Bäume in Bereichen "ohne Sicherheitserwartung", wie es hieß. Die häufigsten Baumgattungen auf städtischen Flächen sind Ahorn, Linde und Platane. Laut Stadt mussten in den vergangenen fünf Jahren rund 2.000 Bäume gefällt werden, zumeist, weil sie durch Krankheiten geschädigt und abgestorben waren. Neue Bäume plane die Stadt immer dort, wo welche gefällt werden mussten. Dabei setzt auch Mainz auf Sorten, die sich mit Blick auf den Klimawandel als resistenter erwiesen haben.
Aber auch in Mainz könnten es ein paar Bäume mehr sein, wie die Kritik am frisch renovierten Rheinufer zeigt. Viel Beton, wenig grün.
Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz legen Baumkataster an oder haben bereits solche. Das dient auch dem Zweck, die städtischen Bäume regelmäßig zu kontrollieren mit Blick auf die Sicherheit. Allerdings sind diese Kataster weder überall vorhanden noch alle öffentlich zugänglich.
Was tun die Städte für ihre Bäume?
Worms zählt in seinem Stadtgebiet rund 35.000 Straßen- und Parkbäume. Dabei handelt es sich überwiegend um Linden, Platanen und Ahorne. In den letzten fünf Jahren mussten, so die Stadt auf SWR-Anfrage, etwa 1.200 Bäume im Stadtgebiet gefällt werden. Vor allem Ahorn-Bäume hätten unter der Rußrindenkrankheit gelitten, verantwortlich für das Absterben seien die trocken-heißen Sommer der letzten Jahre.
Grundsätzlich versuche man, jeden der gefällten Bäume zu ersetzen. Nachgepflanzt werden laut Stadt dann hitze- und trockenheitsbeständige Baumarten, Favoriten seien dabei der Zürgelbaum, Platanen, Zereiche und Purpurerle. Gewässert werden nur die Jungbäume über einen Zeitraum von drei Jahren und wenige besonders schützenswerte Einzelbäume in Parks. Bäume im großen Umfang dauerhaft zu wässern, sei "nicht sinnvoll und nicht finanzierbar."
Dauer-Hitze in der Beton-City Ludwigshafen: Wie alte Menschen im Sommer leiden
Im Sommer heizt sich vor allem die dicht bebaute Innenstadt auf. Das ist für alle Menschen anstrengend - besonders für die Alten. Was sie sich wünschen - und was die Stadt tun kann.
In Neustadt/Weinstraße sind im städtischen Kataster derzeit 9.576 Bäume eingetragen. Das Verzeichnis umfasst alle Bäume im Innenbereich und den Ortsteilen. Häufigste Sorten hier sind Ahorn, Hainbuchen sowie Mandel- und Kirschbäume. Erst seit 2019/20 werden nötige Fällungen systematisch erfasst - und deren Zahl steigt kontinuierlich. Im ersten Jahr der Erfassung waren es 51 abgestorbene Bäume, 2022/23 bereits 85. In vielen Fällen waren die Bäume durch Pilzbefall geschädigt.
Bad Kreuznach zählt knapp 12.000 Stadtbäume auf seinem Gebiet, überwiegend Ahorne, Linden und Roßkastanien Auch hier steigt die Tendenz bei der Zahl der Bäume, die wegen Schädigungen gefällt werden müssen. Abgestorbene Bäume werden nachgepflanzt. Dabei setzt die Stadt auf Sorten, die dem Klimawandel besser standhalten. Etwa den Europäischen Zürgelbaum (Celtis australis) oder die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia), die ursprünglich im östlichen Mittelmeerraum zu Hause ist.
Im Baumkataster der Stadt Neuwied sind gut 16.000 Bäume allein an Straßen, in Park- und Gartenanlagen, städtischen Spielplätzen und auf Friedhöfen verzeichnet. Nach Auskunft eines Stadtsprechers ist die tatsächliche Zahl aber eher doppelt so hoch. In Anlagen wie Schlosspark, Stadtwald, Wingertsberg und Rommersdorf seien nur Flächen, aber keine Anzahl erfasst. Zwar setze man auf Artenvielfalt, überwiegend seien aber Ahorn und Linden noch die häufigsten Baumarten. In den letzten fünf Jahren habe man circa 950 Bäume fällen müssen, teils wegen Baumaßnahmen, teils wegen Schädigungen oder aus Sicherheitsgründen. Derzeit sind ungefähr 400 Neupflanzungen geplant. Bis zum Jahr 2025 wollen zudem die Stadtwerke - angelehnt an die Einwohnerzahl Neuwieds - mindestens 70.000 neue Bäume im Wald pflanzen.
Die Stadt Koblenz besitzt etwa 58.000 Bäume - und sorgt mit einem Baummanagement für Pflege und Erhalt. Um den Bestand zu erweitern, können Bürgerinnen und Bürger Bäume spenden oder Patenschaften übernehmen. Auch Koblenz setzt bei Neuanpflanzungen auf “Klima-Bäume” - also Bäume oder Sorten, die aufgrund ihrer Herkunft schon an ein trocken-heißes Klima und die entsprechenden Stressfaktoren gewöhnt sind.
Welche Bäume schützen die Städte?
Klimaerwärmung und Schädlinge bedrohen Bäume in der Stadt. Kommunen müssen sich mehr und mehr damit beschäftigen, mit welchen Arten sie die heimischen Bäume zumindest zum Teil ersetzen können. In Frage kommen zum Beispiel Arten aus den Mittelmeer-Regionen oder dem asiatischen Raum.