"Ich vertrage Hitze gar nicht", sagt Jutta Wach, während sie auf ihren Schirm gestützt durch die Ludwigshafener Innenstadt läuft. "An solchen Tagen wie heute bleibe ich gerne in meiner Wohnung, mache die Rollladen runter und warte ab."
Trotzdem spaziert die 86-Jährige an diesem Tag mit drei anderen Rentnerinnen durch die Fußgängerzone von Ludwigshafen. Sie wollen dem SWR zeigen, wo es sich als alter Mensch aushalten lässt an heißen Tagen - und wo nicht.
Ludwigshafen: Berliner Platz gleicht bei Hitze einer grauen Wüste
Jutta Wach, Gudrun Alker, Renate Fischer und Gisela Körte - alle über 80 - starten ihre Tour am Berliner Platz, dem zentralen Umsteigepunkt für Bahnen und Busse. Eine große freie Fläche, graue Gehwegplatten. Dazwischen die Haltestellen. "Hier halten wir uns nie auf, hier knallt die Sonne den ganzen Tag drauf", sagt Alker, die auch beim Ludwigshafener Seniorenrat aktiv ist.
"Hinsetzen kann man sich zwar da hinten auf die Bänke", ergänzt Jutta Wach und zeigt auf die rosa, blauen und mintgrünen Sitzgelegenheiten. "Aber genau dort fehlt Schatten. Zwei, drei größere Bäume wären toll." Ihre Freundin, die 80-Jährige Gisela Körte, hat sich in der Zwischenzeit auf ihren Rollator gesetzt und tupft sich mit einem Handtuch den Schweiß von der Stirn.
"Beton-City" Ludwigshafen speichert die Hitze
So wie den vier Rentnerinnen geht es vielen alten Menschen in Ludwigshafen. Sie sind besonders betroffen von der Hitze, die sich im Sommer in der stark versiegelten Innenstadt aufstaut. Durch die Klimakrise werden Hitzewellen und tropische Nächte zukünftig deutlich zunehmen. Nicht nur, aber vor allem für alte Menschen kann das gefährlich werden.
Stadtplaner: "Hitzewellen werden Todesopfer fordern"
"Wir müssen uns bewusst sein, dass diese großen Hitzewellen, die wir jetzt in vielen Sommern hatten, auch Todesopfer verursachen. Und viele ältere Menschen dazu zwingen, nicht mehr rauszugehen, nicht mehr aktiv am Leben teilzunehmen", sagt Detlef Kurth, seit 2017 Professor für Stadtplanung an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern.
Dieses Problem, so der Stadtplaner, werde extrem zunehmen - vor allem dort, wo besonders "risikobehaftete Personen" lebten. Kurths Forderung: "Bestimmte Einrichtungen wie Senioreneinrichtungen und Krankenhäuser müssen perspektivisch stärker begrünt und belüftet sein. Und es müssen Frischluftschneisen frei gehalten werden."
Sommer in Ludwigshafen: Aufatmen im Schatten am Ludwigsplatz
Die vier Rentnerinnen Jutta Wach, Gudrun Alker, Renate Fischer und Gisela Körte laufen vom Berliner Platz aus weiter durch die Ludwigstraße, machen einen Schlenker über die Bismarckstraße hin zum Ludwigsplatz.
"Hier gibt es schon viele Bäume, das ist angenehm, da können wir schon gut durch die Straßen laufen", sagt die 84-jährige Alker. Trotz der Bäume werde es aber in der Mittagshitze unangenehm: "Dann strahlen die Häuser zu viel Wärme ab, das wird dann zu heiß." Ein Problem, nicht nur für Ältere.
Stadt Ludwigshafen: "Mehr Grün geht nicht von heute auf morgen"
Bei der Stadtverwaltung heißt es: "Wir müssen zukünftig mehr Grün in diesen bebauten Bereichen unterbringen." Das sagt Rainer Ritthaler. Er leitet den Bereich "Umwelt und Klima". Mehr Grün, das bedeutet mehr Bäume pflanzen, Fassaden und Dächer begrünen.
"Das ist ein wesentlicher Punkt, um diese Wärmespeicherung zu reduzieren und die Verdunstung zu fördern, die dann für niedrigere Temperaturen sorgt. Aber das ist nicht von heute auf morgen zu machen. Das ist eine Generationen-Geschichte", sagt Ritthaler.
Ludwigshafen: Kein Geld für Abkühlung
Langfristige Lösungen helfen alten Menschen in der aktuellen Hitzewelle nicht. Plant die Stadt auch schnelle Lösungen? Öffentliche Trinkwasserspender zum Beispiel oder mobile Bäume? Rainer Ritthaler, Bereichsleiter "Klima und Umwelt" in der Stadtverwaltung sagt dazu: "Ganz spontan geht das eigentlich nicht. Das lässt auch die Finanzlage der Stadt nicht zu. So ehrlich muss man an der Stelle auch sein."
Und Stadtplaner Detlef Kurth sagt: "Die Stadt hat einen längeren Weg vor sich, weil sie extrem autogerecht gebaut ist. Dabei hat es Ludwigshafen besonders schwer, weil die Stadt nicht so viele Einnahmen hat, eher eine arme Stadt ist, und weil sie extrem stark vom Durchgangsverkehr betroffen ist." Ludwigshafen brauche extra Mittel von Land und Bund, um sich an den Klimawandel anzupassen.
Der Hochsommer kommt erst noch
Am Ende des Spaziergangs haben sich die vier Rentnerinnen auf dem Ludwigsplatz auf einer Bank niedergelassen. Große Platanen werfen Schatten. Alle vier haben Wasserflaschen dabei, trinken einen Schluck. Wie sie sich gerade fühlen? "Gestern um die Zeit war mir schwindlig und ein bisschen schlecht. Der Blutdruck war niedrig, aber heute geht's bisher", sagt die 82-jährige Renate Fischer. Die Sommermonate Juli und August liegen erst noch vor ihr.