Wer auf der Bundesstraße 48 in Höhe Winnweiler unterwegs ist, kann es nicht übersehen: das Bahnhofsgebäude direkt an den Gleisen der Alsenzbahn. Viele Jahre stand es leer. Zwar gibt es in Winnweiler weiterhin einen Bahnhaltepunkt, das Gebäude wurde aber nicht mehr genutzt. Nun tat sich was in und an dem Haus, das schon dort stand, als die Alsenzbahn zwischen Hochspeyer und Bad Münster am Stein 1870/71 in Betrieb genommen wurde.
Eigentlich wollte es die Ortsgemeinde Winnweiler sanieren und dann an einen Anbieter der Kinder- und Jugendhilfe vermieten, wie Ortsbürgermeister Rudolf Jacob (CDU) erzählt. Das Problem: die Kosten für den Umbau. Also habe sich die Ortsgemeinde auf die Suche nach einem Investor gemacht - mit dem Ziel, weiterhin einen Anbieter der Kinder- und Jugendhilfe in das Gebäude zu bekommen. Das gelang schließlich mit dem Kaiserslauterer Unternehmen F.K. Horn.
Mehrere Bausteine unter einem Dach im Bahnhof Winnweiler
"Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten", beschreibt es Rudolf Jacob. So sieht es auch Ingo Zwarg, Geschäftsführer von "Meilenstein". Die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe hat ihren Sitz in Neuwied, ist aber auch in der Westpfalz tätig - unter anderem mit Kita-Sozialarbeitern oder Tagesgruppen für Kinder und Jugendliche.
In Winnweiler sollen mehrere Bausteine unter einem Dach zusammenkommen. Das sind eine Wohngruppe für neun Kinder im Alter von fünf bis 18 Jahren, eine Tagesgruppe für rund zehn Kinder und ein ambulanter Bereich, sagt Sven Weingarth. Er ist als Bereichsleiter für das Projekt in Winnweiler zuständig. Um dort alles umsetzen zu können, ist das eigentliche Bahnhofsgebäude vergrößert worden. "Für uns ist das eine ideale Situation, dass hier nach unserem Bedarf gebaut wird", so Geschäftsführer Zwarg.
Mitte Mai soll die Wohngruppe am Donnersberg starten
Noch wird an allen Ecken und Enden im Alt- und Neubau gearbeitet. Mitte Mai soll es dann mit der Wohngruppe losgehen. Der Bedarf für eine solche Gruppe sei groß, erzählt der Geschäftsführer. Kinder, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr in ihrer Familie leben können, sollen dort für eine gewisse Zeit betreut werden.
Für solche Kinder und Jugendliche sei es alles andere als einfach, wenn sie in eine Wohngruppe kommen, beschreibt es Zwarg. Rund um die Uhr gebe es in Winnweiler eine Betreuung. "Das Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen wieder zu ihren Familien zurück können", sagt der Geschäftsführer. Bis das soweit ist, werden sie im Neubau in rund 20 Quadratmeter großen Zimmern leben. Und sie sollen auch immer wieder Kontakt mit ihren Familien haben.
Auch Hilfe in der Familie mit landesweitem Pilotprojekt
Im Altbau gibt es neben Büros Platz für eine Tagesgruppe. Kinder und Jugendliche werden dort künftig nach der Schule für einen bestimmten Zeitraum betreut. Auch hier soll gemeinsam mit den Eltern besprochen werden, was die Probleme sind, soll nach Lösungen gesucht werden, damit das Zusammenleben in der Familie wieder gelingt, sagt Bereichsleiter Weingarth.
Zudem soll es eine ambulante Unterstützung in Winnweiler geben. Damit sei es möglich, den Familien bei sich zu Hause zu helfen. All das soll als Pilotprojekt umgesetzt werden - in Form einer so genannten Sozialraumorientierung.
Donnersbergkreis will neue Wege in der Jugendhilfe gehen
Dabei will das Donnersberger Kreisjugendamt nach eigenen Angaben zusammen mit den Anbietern der Jugendhilfe neue Wege gehen. Ziel sei es, sich an den individuellen Bedürfnissen der Familie zu orientieren. "Eigeninitiative und Selbsthilfe" werde gefördert. "Es findet eine Konzentration auf Ressourcen und nicht auf Defizite statt", so die Kreisverwaltung.
Ein Beispiel: Ein Kind benötigt Unterstützung bei den Hausaufgaben. So etwas könne zunächst in einer Tagesgruppe stattfinden. Eltern oder Großeltern könnten dort mit dem Kind die Hausaufgaben machen - und haben dabei Unterstützung von Fachkräften. Im nächsten Schritt sollen dann die Fachkräfte mit zu den Familien kommen und dort gemeinsam das Erledigen der Hausaufgaben üben. "Möglichst zeitnah ziehen sich die Fachkräfte wieder zurück", so die Kreisverwaltung.
Auch Raum für Bewegung im ehemaligen Bahnhof in Winnweiler
Für das Pilotprojekt wollen Behörden, Anbieter der Jugendhilfe und Vereine enger zusammenarbeiten und individuelle Hilfen ermöglichen. "Der Kreis verspricht sich eine veränderte Jugendhilfe, die präventiver und partnerschaftlicher den Familien im Donnersbergkreis begegnet", so die Kreisverwaltung.
In Winnweiler soll damit gestartet werden - auf knapp 1.000 Quadratmeter in einem ehemaligen Bahnhof. Von diesem ist zwar im Innern nicht mehr viel zu erkennen, dafür kann sich Sven Weingarth bereits gut vorstellen, wie alles einmal wird. In der ehemaligen Bahnhofshalle soll beispielsweise Platz für Bewegung sein. "Kreatives Kämpfen" nennt sich eines der Konzepte, das der Pädagoge dort mit den Kindern und Jugendlichen angehen will.