Große Herausforderungen seien Zeit- und Platzmangel. Viele Schulen platzten aus allen Nähten. Da sei es schwierig Räume zu finden, in denen man AGs anbieten oder einfach Gespräche führen könne, erklärt Schulsozialarbeiterin Lisa-Marie Herrmann vom SOS-Kinderdorf in Kaiserslautern.
"Wenn man allein an einer Schule ist und 270 Schüler betreut, ist nicht immer die Möglichkeit, jedem Bedarf gerecht zu werden", sagt Herrmann, die seit 2022 an der Röhmschule in Kaiserslautern tätig ist. Auch an der IGS Bertha-von-Suttner beispielsweise gebe es nur eine Schulsozialarbeiterin für 1.300 Schüler. Ein weiteres Problem: Sprachbarrieren. Man versuche es mit Übersetzungs-Apps und Dolmetschern. Das sei aber auch nicht bei jeder Sprache möglich.
Viele Aufgaben an Schulen in Kaiserslautern
Schulsozialarbeit soll für Kinder, ihre Eltern und die Lehrkräfte da sein, sagt Lisa-Marie Herrmann. Das kann in Form von Pausen, in denen gespielt wird, stattfinden. Aber auch bei Streitschlichtung oder sogenannten Sozialtrainings. Dabei geht es vor allem darum, zu lernen, wie man seine Gefühle ausdrückt.
Ein großes Thema ist das Erkennen von Kindeswohlgefährdung. Gewalt in der Familie gehöre an vielen Schulen zur Tagesordnung, sagt Kollegin Katja Rumpf. "Wenn es keine Schulsozialarbeit gäbe, wäre es nie aufgefallen“, berichtet Rumpf von einem Fall. Manchmal würde man nur mit den Eltern sprechen, manchmal gehe es so weit, dass Kinder aus ihren Familien rauskommen und in Pflegefamilien aufgenommen werden. "Natürlich müssen wir da unterstützen.“
Schulsozialarbeit wichtig für soziale Kompetenzen der Kinder
Es sei wichtig, dass Kinder sich anvertrauen können, und davon erzählen, wenn es ihnen nicht gut geht, weil sie im privaten Umfeld, also zu Hause oder im Verein, gefährdet werden. Ein großer Mehrwert sei die Bildung oder Förderung der Sozialkompetenz, damit Kinder lernen, sich auszudrücken und ihre Streitigkeiten selbst zu schlichten.
Das können viele Kinder gar nicht mehr, sagt Lisa-Marie Herrmann. "Wir sind die Person, zu der ich gehe, wenn ich nicht weiß, wo ich sonst hingehen soll.“ Die Kinder wüssten so, dass ihre Meinung gehört wird und dass sie eine Stimme haben, also sei es auch eine Art Demokratiebildung.
Schüler brauchen Unterstützung - gerade jetzt
Kinder müssten lernen, in der Schule klarzukommen, sagt Volker Kugel. Er ist Bereichsleiter der Schulsozialarbeit beim SOS-Kinderdorf in Kaiserslautern. Wenn Kinder nicht klarkommen würden, hätten sie weder Bildung noch Teilhabe. Dadurch würden sie zu Außenstehenden in der Gesellschaft. Eine funktionierende Schullaufbahn sei förderlich, damit Kinder einen guten Schulabschluss bekommen und anschließend einen guten Beruf erlernen können.
Zurzeit brauche man Fachkräfte mehr denn je, sagt er. Die Situation habe sich wegen Corona, Ukraine-Krieg und Israel-Palästina-Konflikt verschärft. Es gebe mehr auszuhalten. Jeder einzelne sei mehr angespannt und habe dann vielleicht weniger Nerven und Geduld in der Erziehung des Kindes. "Es ist wichtig, dass sie gut begleitet und dass ihnen Lösungsmöglichkeiten für ihre Probleme an die Hand gegeben werden“, so Kugel.
Eine Vollzeitstelle pro Schule ist "absolutes Minimum"
"Jede Schule in Kaiserslautern benötigt Schulsozialarbeit“, sagt Volker Kugel. Eine Vollzeitstelle pro Schule sei das absolute Minimum. Nach oben hin gebe es keine Grenzen. Auch der Referatsleiter des Jugendamts Kaiserslautern, Ludwig Steiner, sieht das Problem: "Uns liegen Anträge von Schulen vor, die bereits Schulsozialarbeit haben.“
Das hänge damit zusammen, dass die Schülerzahl groß sei und der Bedarf immer größer werde. Die Lehrer sehen dringenden Unterstützungsbedarf, hört Steiner von den Schulen. "Da ist die Situation doch schon so, dass man handeln muss.“ Das versuche die Stadt auch im Rahmen der Mittel, die ihr zur Verfügung stünden. Die entsprechenden Gelder dafür seien bei der Stadt Kaiserslautern aber begrenzt.
Förderung des Landes Rheinland-Pfalz reicht nicht aus
Steiner wünscht sich, dass das Land die Schulsozialarbeit mit mehr Geld unterstützt. So sieht es auch Volker Kugel vom SOS-Kinderdorf. "Ich glaube, dass eine dauerhafte Landesförderung für Schulsozialarbeit viele Probleme an Schulen lösen könnte."
An 17 von 36 Schulen in Kaiserslautern gibt es insgesamt 20 Schulsozialarbeiter. Davon kommen nach Angaben der Stadt 17 Fachkräfte vom SOS-Kinderdorf. Die Schulsozialarbeit wird jährlich vom rheinland-pfälzischen Bildungsministerium gefördert. Angebote der Schulsozialarbeit in Deutschland sind seit 2021 eine gesetzlich geregelte Leistung der Jugendhilfe.