"In den nächsten Jahren beginnt der große Streit um das Wasser", prophezeit der Gletscherforscher Wilfried Haeberli, emeritierter Professor an der ETH Zürich. Der Grund: Die Alpengletscher in der Schweiz und Deutschland "füttern" gerade in den niederschlagsärmeren Sommermonaten den Rhein - die wichtigste Wasserstraße Europas und der größte Fluss in Rheinland-Pfalz. Und diese Gletscher verschwinden zunehmend.
Der Rhein - ein Fluß verliert seine Adern
Fließt aktuell im Anschluss an die Schneeschmelze im Frühjahr noch frisches Gletscherwassen in den Rhein, wird diese Quelle in 30 bis 40 Jahren - also in den 2050er Jahren - versiegt sein, sagt der Meteorologe Andreas Wagner im SWR-Interview. Optimistischere Schätzungen gehen bis zum Jahr 2100 als Ende für das Gletscherwasser aus.
Ab diesem Zeitpunkt könnte die Wassermenge im Fluss im Hochsommermonat August um ein Drittel bis zur Hälfte zurückgehen, hat die Internationale Kommission für die Hydrologie des Rheingebiets (KHR) errechnet - mit dramatischen Folgen für Wasserwerke, Landwirte und Industrie. Selbst die zahlreichen Nebenflüsse des Rheins werden diese Verlust nicht auffangen können.
Der Rhein - ein wichtiges Trinkwasserreservoir
Denn der Rhein in Rheinland-Pfalz ist das wichtigste Trinkwasserreservoir für Städte und Gemeinden an seinen Ufern. Unzählige Wasserwerke pumpen Wasser aus dem Fluss und bereiten es zu Trinkwasser auf. Gemüsebauern in der Pfalz bewässern bei Trockenheit ihre Felder mit Rheinwasser und sorgen für gute Ernteerträge.
Wasserknappheit werde in einigen Jahrzehnten "in den Sommermonaten zur Gewohnheit werden", ist der Schweizer Haeberli überzeugt. Die Folge: Bei Trink- und Beregnungswasser wird wahrscheinlich gespart werden müssen.
Der Rhein - die wichtigste Wasserstraße Europas
Auch die Folgen für viele Industrieunternehmen, wie etwa die BASF in Ludwigshafen, werden gravierend sein. Bereits heute werden etwa 80 Prozent des gesamten Binnenwasser-Güterverkehrs in Europa über den Rhein abgewickelt. Extreme Trockensommer wie 2003 und 2018 haben die Güterschifffahrt auf dem Fluss massiv beeinträchtigt.
Besonders problematisch ist der Pegel Kaub im Mittelrheintal aufgrund eines Felsrückens in der Fahrrinne. Sinkt hier die Wassertiefe um 28 Zentimeter, wirkt sich das sehr negativ auf den Schiffsverkehr aus. Um die Folgen des Niedrigwassers abzufedern, drängen Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seine rheinland-pfälzische Amtskollegin Daniela Schmitt (beide FDP) darauf, die Fahrrinne des Rheins schnellstmöglich zu vertiefen.
Streitfall Rheinvertiefung
Um 20 Zentimeter soll der Rhein an kritischen Stellen zwischen Wiesbaden und St. Goar vertieft werden - 60 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Im Entwurf des sogenannten Planungsbeschleunigungsgesetzes des Bundes findet das Projekt keine Erwähnung mehr, kritisiert die Mainzer Verkehrsministerin Schmitt.
Das Bundesumweltministerium unter Führung der Grünen bestreitet, das Projekt
zu blockieren. Kritik an dem Projekt kommt auch an Gemeinden entlang des Mittelrheins.
Wie dem auch sei: Ob Rheinvertiefung oder spezielle Niedrigwasserschiffe wie sie die BASF inzwischen hat, werden das Problem von fehlendem Gletscherwasser und extrem trockenen Sommern bestenfalls mildern aber nicht lösen können.