Der Oktober war mit Rekordtemperaturen an der Meeresoberfläche der wärmste Monat überhaupt. Doch wir brauchen die Meere als Klimaregulatoren, sagt Umweltministerin Steffi Lemke.
Noch nie wurden im Oktober weltweit so warme Temperaturen wie 2023 gemessen. Das hat der EU-Klimawandeldienst Copernicus mitgeteilt und spricht von Temperatur-Anomalien. Vor allem an der Meeresoberfläche wurden so hohe Temperaturen wie noch nie gemessen.
Im Zeichen des Klimawandels beginnt am Mittwoch (08.11.) in Paris das Treffen "One Planet - Polar Summit", an dem auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) teilnimmt. Es ist der erste internationale Gipfel zu Gletschern und den Polarregionen.
SWR Aktuell-Moderator Stefan Eich hat mit der Bundesumweltministerin gesprochen.
SWR Aktuell: Manche Menschen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sagen vermutlich: Das Meer ist weit weg. Eisbären und Pinguine interessieren mich nicht. Sie sehen das vermutlich anders.
Steffi Lemke: Da haben Sie recht. Die Meere produzieren weltweit unseren Sauerstoff. Wir sind also essenziell auf sie angewiesen. Sie sind auch unsere Klima-Regulatoren. Sie haben bisher den größten Teil der globalen Erhitzung aufgenommen, also in den Wassermassen gespeichert. Das wiederum führt jetzt zunehmend zu stärkeren Stürmen. Das heißt: das globale Klimasystem wird in ganz wesentlichen Teilen in den Ozeanen geregelt. Deshalb ist es wichtig, dass wir Klimaschutz betreiben und die Meere schützen.
SWR Aktuell: Der EU-Klimawandeldienst Copernicus sagt, es werde 2023 so warm, wie seit 125.000 Jahren nicht mehr. Das ist ein globales Problem, das globale Antworten braucht. Wie müssen die Ihrer Meinung nach aussehen?
Lemke: Die müssen in erster Linie so aussehen, dass wir den Klimaschutz ernst nehmen. Ende November werden wir auf der Weltklimakonferenz zusammenkommen. Dort müssen wir endlich klären, wie Klimaschutz in der Praxis umgesetzt wird und nicht nur in internationalen Abkommen und in internationaler Konferenzsprache.
Als Zweites müssen wir die Meere so gut es geht stabilisieren. Wir dürfen sie nicht noch zusätzlich durch überbordende Rohstoffförderung, Überfischung und Verschmutzung unter Druck setzen. Deshalb ist der Polargipfel sehr wichtig.
Wir haben als Umweltminister im letzten Dezember das Welt-Naturschutz-Abkommen beschlossen. Das verpflichtet uns, 30 Prozent der Meeresfläche unter Schutz zu stellen - und zwar bis 2030. Das wird eines der Themen sein, für das ich in Paris werben werde.
SWR Aktuell: Die internationale Antarktis-Kommission diskutiert seit Jahren über Schutzgebiete rund um den Südpol. Ein Beschluss ist nur einstimmig möglich. China und Russland blockieren ein solches Abkommen. Kann dieser Gipfel in Paris daran etwas ändern?
Lemke: Umwelt- und Naturschutz ist häufig das Bohren von ganz dicken Brettern. Es wird seit langem um ein Schutzgebiet im Weddellmeer in der Antarktis gerungen. Dieser Antrag geht auf eine deutsche Initiative zurück, die sich die EU zu eigen gemacht hat.
Wir verhandeln seit mehreren Jahren über dieses Schutzgebiet. Es wäre das weltweit größte Meeresschutzgebiet, wenn es so eingerichtet würde. Das ist aus meiner Sicht sehr wichtig, weil wir dort einen Ruheraum für die Meeresumwelt haben. Deshalb werden wir weiter darum ringen und dafür werben.
Ich war letzte Woche mit einer größeren Wirtschaftsdelegation in China, um dort vor Ort mit dem Umweltminister über die Themen des globalen Umweltschutzes zu sprechen. Der nächste Schritt wird der Polargipfel in Paris sein.
SWR Aktuell: Mit Blick auf das schmelzende Polareis: was können wir noch verhindern? Und was müssen wir hinnehmen und wie lernen wir, damit umzugehen?
Lemke: Die Wissenschaft ist sehr besorgt um das Schelfeis in der Antarktis. Es hat zurzeit die geringste Ausdehnung, die jemals festgestellt wurde. Das heißt: es gibt dort sehr bedenkliche Prozesse einer Instabilität in den Eismassen und die Sorge: Wenn sich dieser Vorgang ungebremst fortsetzen würde, dass wir tatsächlich mit einem sehr starken Anstieg der Meeresspiegel zu rechnen hätten.
Der würde in einigen Jahrzehnten auch an unseren Küsten spürbar werden. Deshalb müssen wir dort besseren Küstenschutz betreiben. Vor allem muss aber der Klimaschutz in Gang gesetzt werden. Denn wenn in der Antarktis die Eismassen vollständig abschmelzen würden und dieser Vorgang auch nicht mehr gestoppt werden könnte, wäre das eine weltweite Bedrohung für sehr viele Menschen in den Küstenregionen.
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