Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland sinken so stark, wie schon lange nicht mehr. So lag das Preisniveau für Immobilien im vergangenen Jahr nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes in jedem Quartal rund 10 Prozent niedriger. Häuser und Wohnungen werden also billiger - die Mieten aber nicht. Im Gegenteil: Für 23 Städte und Gemeinden im Bodenseekreis zum Beispiel soll auch in diesem Jahr ein Mietspiegel als Orientierungshilfe für angemessene Mieten erstellt werden. Dafür werden laut Stadt Friedrichshafen im März und April rund 16.000 zufällig ausgewählte Haushalte angeschrieben. Auch in den großen Städten im Südwesten bleibt die Lage auf dem Mietmarkt extrem angespannt. Warum sind die beiden Preisfaktoren Immobilien- und Mietpreis offenbar völlig entkoppelt?
Problem Nr. 1: Angebot und Nachfrage
An vielen Orten - gerade in oder um die größeren Städte herum - bleibt die Nachfrage nach Wohnraum enorm hoch und damit auch der Preis: "Es wird das genommen, was der Markt hergibt, begrenzt durch die eine oder andere Kappungsgrenze des Bürgerlichen Gesetzbuches", sagt Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes. "Insofern ist das natürlich genau wie in anderen Bereichen, eine Frage von Angebot und Nachfrage. Wir haben eine riesige Nachfrage von Menschen, die nicht so ein dickes Portemonnaie haben und denen ein relativ geringes Angebot gegenübersteht. Das ist das Problem."
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Problem Nr. 2: Preisverfall nur bei gehobenen Immobilien
Siebenkotten sieht auch keinen Preisverfall bei den Immobilien, die eigentlich zu einer Beruhigung des Marktes führen könnten: "Der umkämpfte Teil des Wohnungsmarktes, ist für die Mieterinnen und Mieter der Bereich, wo bisher niedrige Mieten genommen werden", sagt der Mieterbund-Präsident. Entsprechend bleibt der Preisdruck hoch bei Menschen, die auf niedrige Mieten angewiesen sind. Es gehe vor allem um Haushalte, die "im unteren Einkommensdrittel anzusiedeln sind", sagt Siebenkotten.
Deswegen bleibe gerade bezahlbarer Wohnraum teuer und selbst die sinkenden Preise auf dem Immobilienmarkt träfen eher gehobene und Luxus-Immobilien, nicht Sozialbauten: "Darum ist es, glaube ich, bei dem ganzen Preisverfall gar nicht gegangen, sondern um andere Immobilien."
Problem Nr. 3: Ausbau hinkt hinterher
Der Mieterbund kritisiert im Bereich Wohnungsneubau die Förderpolitik in Deutschland - sowohl im Bund als auch in den Ländern: "Da haben wir 16 Bundesländer und 16 unterschiedliche Förderprogramme, was übrigens auch nicht unbedingt dazu beiträgt, dass das Problem schneller gelöst wird", sagt Siebenkotten. Einziger Lichtblick könne eine schnelle Umnutzung von Gewerbeflächen sein. "Das alleine wird nicht ausreichen, aber damit kann ein Beitrag geleistet werden. Es ist ja in der Tat so, dass Gewerbeflächen in vielen Fällen nicht mehr in der Größenordnung benötigt werden - das hat mit Homeoffice und anderen Dingen zu tun - und dann Gewerbeimmobilien umzuwandeln in Wohnimmobilien, macht Sinn." Außerdem sei ein Umbau in Genehmigung und Ausführung auch schneller als ein Neubau.
Fazit: Mittelfristig keine Besserung in Sicht
Selbst bei schnellem Aus- und Umbau sowie idealer Förderung stellt der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, fest, dauere es lange, bis sich ein Markt-Effekt zeige: "In den nächsten zwei Jahren wird sich auf der Mieterseite für uns leider nichts Positives tun." Solange Angebot und Nachfrage in dem Verhältnis blieben, wie es aktuell ist, bleibe es bei den aktuellen Verhältnissen: "Es ist letztlich eine Machtfrage. Wenn genügend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, wird der Markt das dann auch zeigen. Die Mietpreise sinken dann, aber das dauert Jahre."
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