Neuwahlen sorgen für Stress bei Kommunen

Businesscoach verrät: Wie man mit unerwarteten Aufgaben am besten umgeht

Stand
Autor/in
Laura Koppenhöfer
Wolfgang Brauer
Onlinefassung
Christoph Schöneberger
Fotoshooting SWR Studio Heilbronn Mitarbeiter Dezember 2022

Plötzlich Neuwahlen! Das sorgt bei vielen Kommunen für Aufgaben ohne Ende - aus dem Nichts. So etwas kann jeden treffen. Tipps im Umgang mit neuem Stress von einer Expertin.

In wenigen Monaten eine Bundestagswahl auf die Beine zu stellen, die normalerweise viel mehr Vorlauf hat - das erfordert vollen Einsatz und Improvisationsbereitschaft. Noch dazu in der Weihnachts- und Faschingszeit, wo traditionell weniger Personal zur Verfügung steht und eigentlich andere Veranstaltungen zu organisieren sind.

Seit der Termin für die Neuwahl steht, sind die Vorbereitungen unter Hochdruck angelaufen. So braucht es in Baden-Württemberg etwa in den rund 11.000 Wahllokalen auch rund 100.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, überschlägt Dirk Eisenreich vom Statistischen Landesamt. Die müssen noch gefunden werden. Die Kommunen haben also gut zu tun, wie ein Einblick in Offenburg zeigt.

Neuwahlen: Erheblicher neuer Stress aus dem Nichts

"Oh Gott, in 60 Tagen muss ich alles irgendwie über die Bühne bringen", dachte sich Lauréanne Hoeltzel-Waldmann, als noch von Neuwahlen im Januar die Rede war. Sie organisiert für die Stadt Offenburg alle Abstimmungen. Es ist bereits ihre fünfte Bundestagswahl. Jedes Mal sei es eine Herausforderung und nervenaufreibend. Es mache aber trotzdem viel Spaß, sagt sie mit Blick auf den 23. Februar, der inzwischen als Wahltermin feststeht.

Der Aufwand ist besonders für die Kommunen enorm: Wählerverzeichnisse müssen erstellt, Briefwahlunterlagen gedruckt und verschickt werden. Alleine in Offenburg müssen fast 500 Wahlhelfer rekrutiert werden. Darum kümmert sich auch Trudpert Hurst, Ortsvorstand im Stadtteil Rammersweier. Er braucht in seinem Wahllokal 16 Wahlhelferinnen oder Wahlhelfer. Bei den Vorbereitungen im Wahllokal helfen manchmal auch Vereine, etwa bei der Bestuhlung. "Demokratie lebt von Beteiligung", sagt er.

Viele Aufgaben in der Verwaltung ruhen erstmal

Von der Stadt Offenburg sind allein zehn Angestellte mit Wahlaufgaben betraut. Sie müssen ihre anderen Arbeiten bis zum 23. Februar erstmal liegen lassen. Am Wahltag selbst müssen sie auch für Notfälle bereitstehen. Das gilt auch für Wahlvorständin Lauréanne Hoeltzel-Waldmann. Beim letzten Mal sei etwa ein Fahrstuhl in einem Wahllokal ausgefallen. Kurzerhand wurde das Lokal pragmatisch mit Bierbänken in den Flur verlegt.

Am Abend des Wahltages muss sie dann die Wahlergebnisse an den Landeswahlleiter übermitteln und später die Stimmzettel archivieren. Das sogenannte Erfrischungsgeld an die Wahlhelfer muss ausgezahlt werden. Sie erhalten 50 Euro als Aufwandsentschädigung. Sie überschlägt, eine Wahl kostet die die Stadt grob zwischen 50.000 und 100.000 Euro.

Businesscoach: Wie umgehen mit unerwarteten Aufgaben?

Was den Beschäftigten in den Kommunalverwaltungen gerade bevorsteht, kann im Grunde aber alle treffen: Eine Abgabefrist wird vorgezogen, ein zusätzlicher Großauftrag kommt rein oder ein Kollege fällt aus. Wie lässt sich konstruktiv damit umgehen, wenn urplötzlich ein Riesenberg Mehrarbeit auf dem Tisch liegt? Wirtschaftspsychologin und Businesscoach Saskia Bülow aus Biberach an der Riß hat dem SWR ihre Tipps verraten.

Ihre vier Ratschläge lauten:

  • Durchatmen und nicht in Panik verfallen
  • Einen Überblick verschaffen und Klarheit über die Dinge bekommen
  • Prioritäten setzen und Unwichtiges weglassen
  • Selbstfürsorge: Pausen machen und auch mal raus in die Natur gehen

Nicht in Details verzetteln

Generell besteht laut Bülow die Gefahr, sich am Anfang zu sehr den Details zuzuwenden und sich dabei zu verzetteln.

Besser sei es, größere Aufgabenblöcke zu definieren und regelmäßig zu reflektieren: Was steht im Gesamten an, wo stehen wir und was fehlt noch?

Offene Kommunikation sehr wichtig

Aus Sicht der Führungskräfte ist es wichtig, die individuellen Stärken der Teammitglieder zu nutzen und diese dementsprechend einzusetzen, so Bülow. Sie findet eine offene Kommunikation sehr wichtig: Wer etwa Unterstützung braucht, muss das auch mitteilen können.

Wenn Aufgaben - wie im Fall der Neuwahl - eine klare Deadline haben, gilt es, das Unveränderliche mit einem positiven Spirit anzunehmen. Jammern oder lamentieren hilft nicht, sagt Bülow, und wirbt dafür, Etappenziele oder kleinere Erfolge auf dem Weg zu feiern.

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