Die Verbraucherpreise sind im März nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamts um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Wie die Behörde mitteilte, sind vor allem die Preise für Nahrungsmittel überdurchschnittlich stark gestiegen.
Bei den Energiepreisen verringerte sich der Anstieg hingegen deutlich, weil sie bereits im Vergleichsmonat März 2022 wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sprunghaft angestiegen waren. Im Januar und Februar hatte die Inflation noch bei 8,7 Prozent gelegen.
Inflation im Südwesten: Mineralölprodukte, Sprit, Lebensmittel
Auch die Inflationsraten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind gesunken, bleiben aber auf einem weiter hohen Niveau. Das teilen die statistischen Landesämter mit. Die Inflationsrate in Baden-Württemberg sinkt um 0,9 Prozent, in Rheinland-Pfalz um genau einen Prozentpunkt im Vergleich zum Februar.
Damit liegt die Teuerungsrate auch im Südwesten auf dem niedrigsten Stand seit August 2022. Vor allem Mineralölprodukte wie Kraftstoffe und Heizöl wirken derzeit dämpfend auf die Inflation. Sie sind rund ein Fünftel günstiger geworden verglichen mit März 2022 - Sprit ist etwa um knapp 19 Prozent, Heizöl um knapp 5 Prozent günstiger. Dafür ist Gas um mehr als 50 Prozent teurer geworden. Die teuren Preise kommen erst nach und nach bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an.
Die größten Preissprünge verzeichnen die statistischen Landesämter aber bei Nahrungsmitteln. Insgesamt stiegen die Kosten für Lebensmittel binnen zwölf Monaten um über 20 Prozent. Vor allem Molkereiprodukte und Eier seien im März teurer geworden. Für Quark mussten Verbraucherinnen und Verbraucher in Rheinland-Pfalz etwa über 70 Prozent mehr bezahlen. Auch alkoholische Getränke, Tabakwaren, Gastronomien und Hotels seien erneut teurer geworden.
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Basiseffekt dämpft Preisentwicklung
Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine ist das Leben in Deutschland deutlich teurer geworden. Vor allem die Kosten für Energie und Lebensmittel sind stark gestiegen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge sind Energieprodukte im Jahr 2022 im Schnitt um knapp 35 Prozent teurer geworden im Vorjahresvergleich, bei den Lebensmitteln gingen die Preise um durchschnittlich 13 Prozent nach oben. Im März liegt der Wert jetzt mit 7,4 Prozent erstmals seit Sommer 2022 wieder unter der Schwelle von acht Prozent.
Wesentlich dafür verantwortlich ist ein statistisches Phänomen - der sogenannte Basiseffekt: Zur Berechnung der aktuellen Inflationsrate ziehen die Fachleute des Statistischen Bundesamtes immer das Preisniveau des Vorjahres- oder Vorjahresmonats heran. Im Referenzmonat für die aktuelle Schätzung März 2022 waren die kriegerischen Handlungen Russlands in der Ukraine bereits im vollen Gange, die Energiepreise schon stark gestiegen. Die aktuellen Preissteigerungen lesen sich vor diesem Hintergrund deshalb nicht mehr so dramatisch wie noch vor einigen Monaten, als der Vergleichszeitraum noch vor dem Kriegsbeginn lag.
Im Sommer könnte die Inflation wieder leicht steigen
Dieser Effekt dürfte die Inflationsstatistik in den kommenden Monaten weiter dämpfen. Ab Juni könnte sich das wieder in die andere Richtung drehen, meint LBBW-Konjunkturexperte Jens-Oliver Niklasch: "Im Sommer 2022 hat die Bundesregierung mit verschiedenen Entlastungsmaßnahmen wie 9-Euro-Ticket und Tankrabatt die Inflation erfolgreich eingedämmt. In diesem Jahr dürfte das statistisch zu einem umgekehrten Basiseffekt führen."
Weil die Vergleichswerte aus 2022 für die Sommermonate niedriger sind, könnten die Werte für dieses Jahr also wieder leicht anziehen. Im Jahresschnitt rechnet die Bundesregierung für 2023 mit einer Teuerungsrate von 6 Prozent. Die Bundesbank geht vom einem Wert zwischen 6 und 7 Prozent aus.
Preise für Energie stark gefallen – warum bleibt die Inflation trotzdem hoch?
An der Tankstelle und beim Preisradar für Heizöl kann es jeder ablesen: Die Preise für Energieprodukte sind in den vergangenen Monaten stark gefallen. "Der Zenit bei den Energiepreisen ist klar überschritten", sagt Jörg Breitenfeld vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz. Damit rückt der Haupttreiber für die Rekordinflation aus dem Vorjahr zunehmend in den Hintergrund.
Dennoch bleibt der Preisanstieg weiter auf sehr hohem Niveau. Fachleute sagen, dass die Inflation mittlerweile an Breite gewonnen hat. Sie erfasst also mittlerweile auch viele Produkte jenseits von Energie und Lebensmitteln. Bislang verwiesen viele Unternehmen besonders aus der Industrie in diesem Zusammenhang gestiegene Produktionskosten, zum Beispiel in der Folge der Preisexplosion beim Gas.
Gestiegene Wertschöpfung oder "Gierflation"
Mittlerweile verdichten sich allerdings Zeichen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Preissteigerungen auch mit der Gewinnmaximierung der Unternehmen zu tun hat. Die Europäische Zentralbank hatte in diesem Zusammenhang vor Kurzem den Begriff der "Gierflation" der Konzerne ins Spiel gebracht.
Einer aktuellen Untersuchung der ING Bank zufolge ist in einigen Branchen wie dem Baugewerbe und dem Handel die Wertschöpfung in den vergangenen drei Jahren deutlich stärker gewachsen als die Löhne in diesem Bereich. Dies könnte auf eine Erhöhung der Gewinnmargen hindeuten.
Eine solche Profit-Preis-Spirale könnte im Jahresverlauf ergänzt werden durch die berühmte Lohn-Preis-Spirale, meint Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Bank: "Sollten im Schnitt übers Jahr gesehen die Löhne um fünf bis sechs Prozent steigen, werden die Betriebe das auf ihre Preise draufschlagen." Dieses Jahr könnten besonders die Preise für Dienstleistungen noch einmal merklich anziehen.
Wie geht es weiter mit der Inflation?
Die Wirtschaftsweisen haben gerade ihr Gutachten veröffentlicht. Sie gehen davon aus, dass wir den Höhepunkt der Entwicklung bei der Inflationsrate erreicht haben. Allerdings haben viele Gewerkschaften mittlerweile höhere Löhne durchgesetzt und auch die Erzeugerpreise sind gestiegen - Experten prognostizieren, dass wir uns erst nächstes Jahr wieder dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent nähern werden.