Vor der Rede des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz auf dem Bundesparteitag war ich neugierig zu erfahren: Wieviel Merz steckt wohl in der Christlich-Demokratischen Union drin? Nicht so viel, wie es der Vorsitzende mutmaßlich glauben machen will, so mein Eindruck am Montag. Der 69-Jährige kommt zwar markig und belehrend daher – mich darin an Helmut Schmidt erinnernd -, aber die Partei scheint nach dem Ende der Merkel-Ära in die Puschen gekommen.
Das CDU-Erscheinungsbild hat nicht nur ein neues Layout erhalten und sogar der Vorsitzende sagt jetzt fast immer "Freundinnen und Freunde" statt "Liebe Freunde". Die Partei bekommt nach 17 Jahren auch ein neues Grundsatzprogramm und der Parteitag dauert drei Tage, für die CDU ungewöhnlich lang. Friedrich Merz hat zwar lauter Westköpfe um sich geschart, aber beim Parteitag die Mitglieder von Vorstand und Präsidium ins Parkett verbannt. Nur noch in der Fastnacht schaut der Elferrat von oben herab.
Keine Bemerkungen auf Stammtischniveau
In der Sache konnte Friedrich Merz, Oppositionsführer im Bundestag, Klartext reden. Dabei donnerte und dröhnte er wie sonst, doch wählte er seine Worte maßvoller als früher. Mit dem Leitkultur-Begriff zum Beispiel, machte der Vorsitzende klar, rückt die CDU nicht von der Mitte ab. Bemerkenswert auch sein Satz: "Deutschland ist seit vielen Jahren ein Einwanderungsland." Sätze auf Stammtischniveau kamen in der Rede nicht vor.
Ich bin froh, dass die CDU nach den Diadochenkämpfen um den Vorsitz zurück in der Spur ist. Weniger wegen Friedrich Merz als aus Sorge um die Stabilität des politischen Systems. Es fühlt sich gut an, dass eine nicht nur demokratische, sondern auch stabile Oppositionspartei übernehmen kann, falls die Ampelkoalition zerbricht.