- Wie viele "Reichsbürger" gibt es in Baden-Württemberg?
- Wodurch macht sich die "ausgeprägte Staatsfeindlichkeit" bemerkbar?
- Was wird gegen die "Reichsbürger"-Szene unternommen?
- Gibt es andere Möglichkeiten, die "Reichsbürger" zu entwaffnen?
Sind "Reichsbürger" eine Gefahr?
Es stellt sich immer häufiger die Frage, ob sogenannte Reichsbürger den Frieden im Land gefährden können, oder ob sie nur eine kleine zu vernachlässigende Minderheit sind. Das baden-württembergische Innenministerium hat die mutmaßlich staatsfeindliche Szene als mögliche Bedrohung im Blick. Der Verfassungsschutz beobachtet die Szene seit 2016. Bei Auseinandersetzungen zum Beispiel mit der Polizei zeigen sich Anhängerinnen und Anhänger der Reichsbürgerszene zunehmend wieder gewaltbereit - immer wieder gibt es Verletzte.
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Wie viele "Reichsbürger" gibt es in Baden-Württemberg?
Die Zahl der sogenannten Reichsbürger in Baden-Württemberg ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Auch während der Pandemie erhielt die Szene zulauf. Aktuell liegt sie laut dem Verfassungsschutz bei rund 3.800 Menschen. Bundesweit sind es etwa 21.000 - daher ist der Teil der "Reichsbürger" in Baden-Württemberg nicht unerheblich. Der Verfassungsschutz hat die "Reichsbürger" auf dem Schirm wegen einer "ausgeprägten Staatsfeindlichkeit".
Wodurch macht sich die "ausgeprägte Staatsfeindlichkeit" bemerkbar?
Sogenannte Reichsbürger lehnen die Strukturen des Staates ab, kreieren eigene Ausweisdokumente und möchten einen eigenen erfundenen Staat etablieren. Sie kämpfen zum Beispiel mit erfundenen Mahnungen gegen Behörden an. Ein Teil der "Reichsbürger" ist aber auch bewaffnet und gewaltbereit. Etwa zehn Prozent zählen laut Verfassungsschutz zu den "gewaltbereiten Reichsbürgern". Und genau der Teil macht dem Innenministerium besonders Sorgen. Die Polizei ist darauf eingestellt, dass die Situation im Kontakt mit "Reichsbürgern" schnell eskalieren kann - insbesondere, wenn es dazu kommt, dass Waffen abgenommen werden sollen oder Pfändungen anstehen.
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In welchen Situationen werden "Reichsbürger" gewalttätig?
Die meisten gewaltsamen Auseinandersetzungen finden in Zusammenhang mit der Polizei statt. Ende März wurde bei einer Razzia gegen einen "Reichsbürger" in Reutlingen einem SEK-Beamten in den Arm geschossen. Vergangenes Frühjahr hat ein "Reichsbürger" in Boxberg (Main-Tauber-Kreis) bei einem Polizeieinsatz auf Polizisten geschossen. Im Jahr 2021 wurde ein Polizist bei einer Polizeikontrolle schwer verletzt. Ein Anhänger der "Reichsbürger"-Szene aus Efringen-Kirchen (Kreis Lörrach) wollte der Fahrzeugkontrolle entgehen und hielt mit dem Fahrzeug auf den Polizisten zu.
Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg erklärte dem SWR: "Unsere Sicherheitsbehörden gehen auch künftig konsequent gegen alle Reichsbürger und Extremisten vor. Meine klare Haltung war hier schon immer: keine Waffen in die Hände von Extremisten."
Was wird gegen die "Reichsbürger"-Szene und deren Waffenbesitz unternommen?
Der Verfassungsschutz im Land beobachtet die sogenannten Reichsbürger seit 2016. Das Innenministerium hat vor allem eine Priorität: die "Reichsbürger" zu entwaffnen. Seit 2017 wurden "Reichsbürgern" und Extremisten etwa 500 Waffen entzogen. Geht es nach dem Innenministerium, dann soll ihnen auch keine Erlaubnis zum Waffenbesitz mehr ausgestellt werden. Das hat aber nicht das Innenministerium selbst in der Hand und auch nicht das Landesamt für Verfassungsschutz. Die Prüfung liegt in der Hand der zuständigen Waffenbehörde, bei der am Ende alle nötigen Informationen zur Person zusammen laufen sollen. Das bedeutet: Es ist immer noch möglich, dass "Reichsbürger" eine Waffenerlaubnis haben und Waffen besitzen. Dennoch haben auch die Waffenbehörden laut Innenministerium in der Zwischenzeit reagiert und von mehr als 500 Waffen, die in den Händen extremistischer Waffenbesitzer waren, die waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen.
Gibt es andere Möglichkeiten, die "Reichsbürger" zu entwaffnen?
Auf der Innenministerkonferenz war das Waffenrecht ein Thema. Der Appell an den Bund war: Das Waffenrecht soll verschärft werden. Und auch die Gerichte wappnen sich. Am Oberlandesgericht Stuttgart etwa soll es wegen der "Reichsbürger"-Prozesse fünf zusätzliche Stellen geben. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass die Szene die Behörden und Gerichte zunehmend beschäftigt.