In Aalen haben Schülerinnen und Schüler der Kocherburgschule die Geschichte der Geschwister Scholl aufgearbeitet. Unterstützt wurden sie dabei vom Aalener Verein "Omas gegen Rechts". Unter dem Titel "Wann beginnt Widerstand?" wollen die Jugendlichen am Freitagabend bei einer Mahnwache in Aalen der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" gedenken, aber auch zu mehr Widerstand heutzutage aufrufen.
Widerstandsgruppe Weiße Rose als Schulprojekt
"Widerstand" notiert Hannah mit geschwungener Schrift auf ihrem Tablet. Sie gestaltet ein Flugblatt, ganz nach Vorbild der Widerstandsgruppe "Weiße Rose." Hannah ist eine von elf Schülerinnen und Schülern, die in der Bibliothek der Aalener Kocherburgschule die Gedenkveranstaltung für den Freitagabend vorbereiten. In den vergangenen Wochen haben sie sich im Rahmen eines Schulprojekts intensiv mit den Geschwistern Sophie und Hans Scholl beschäftigt.
"Ich fand die Geschichte von Sophie Scholl und ihrem Bruder echt spannend," erzählt Naomi. "Vor allem, dass Sophie Angst hatte und wusste, was sie erwartet, aber sie trotzdem weiter gemacht hat." Sie habe sich eingesetzt, obwohl alle anderen gegen ihre Meinung gewesen seien, ergänzt Liara. "Und das finde ich sehr mutig."
In dem Projekt geht es aber nicht nur darum, zu erfahren, wie sich die Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus gewehrt hat. Die Jugendlichen sollen auch ihre Erkenntnisse in die heutige Zeit übertragen. Wann beginnt Widerstand? Wie sieht Widerstand überhaupt aus? Elina ist ehrlich. Sie gibt zu, dass sie damals vermutlich das NS-Regime "einfach akzeptiert hätte, weil ich einfach nicht den Mut dazu gehabt hätte."
Wann beginnt eigentlich Widerstand wirklich?
Auf den Titel ihrer Mahnwache "Wann beginnt Widerstand?" haben die Jugendlichen viele Antworten. Für Leona beginnt er, "wenn jemand dich zwingt, obwohl du nicht willst und du dich durchsetzt, dass du es nicht machst". Neben ihr am Gruppentisch hört Hatice aufmerksam zu. Sie sagt: "Wenn man etwas verändern will, beginnt für mich Widerstand." Für Maxim hingegen dann, "wenn du etwas gegen eine Regierung machst."
Es wird klar: Eine einheitliche Definition, wann Widerstand beginnt, die gibt es nicht. Jeder der Jugendlichen hat ein anderes Gefühl dafür. Für Barbara Werz vom Verein "Omas gegen Rechts" fängt Widerstand schon mit kleinen Aktionen an. Wenn "meine Mitschülerin von anderen belästigt oder beleidigt wird, dass ich mich vor sie stelle und was dagegen sage."
"Omas gegen Rechts" helfen den Jugendlichen
Barbara Werz und die "Omas gegen Rechts" unterstützen die Schülerinnen und Schüler bei ihrem Projekt. Für Naomi "spannend, weil sie mehr wissen und wir da eigentlich auch viel dazu lernen können." Bereits zum dritten Mal arbeitet eine 10. Klasse der Aalener Kocherburgschule die NS-Geschichte auf, behandelt jedes Mal andere Widerstandskämpfer.
"Wir wählen jedes Mal ganz bewusst Leute, die etwas mit unserer Region zu tun haben, weil Auschwitz ist weit weg, vieles ist in Berlin passiert", so Werz. "Aber dass die Geschwister Scholl in der Nähe von Crailsheim geboren wurden und in Ulm zur Schule gegangen sind, das macht das Ganze für uns so bedeutsam."
Auch Anna Essinger aus Ulm und Hildegard Spieth aus Stuttgart waren in den vergangenen Jahren schon Thema. Mitverantwortlich für das Projekt ist Frank Jerabek. "Was der damaligen Zeit gefehlt hat, ist die Empathie", erklärt der Geschichtslehrer. "Dass Menschen einen Wert haben, dass uns das Grundgesetz sagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist."
Widerstand gegen Mobbing und Frauenunterdrückung
Doch auch in der jetzigen Zeit gibt es laut den Jugendlichen genügend Themen, gegen die Widerstand geleistet werden sollte. Asel denkt dabei vor allem an die Rechte von Frauen in vielen Teilen der Welt. "In manchen Ländern dürfen Frauen nicht mal arbeiten."
"Man kann ja nie wissen, was heutzutage noch passieren kann", gibt Saša zu bedenken. Er ist vor allem gegen Gewalt in den sozialen Medien. "Dass man die Meinungen von anderen Menschen, die sie dort äußern, auch respektiert."
Mahnwache auf dem Aalener Geschwister-Scholl-Platz
Ihre Gedanken wollen sie auch bei einer Mahnwache am Freitagabend auf dem Aalener Geschwister-Scholl-Platz teilen. Dafür haben sie eine Art Pressekonferenz vorbereitet mit Fragen, die sie gerne an die Geschwister Scholl gestellt hätten. Stellvertretend für die Mitglieder der Weißen Rose werden diese Fragen von den "Omas gegen Rechts" beantwortet.
Den 8. November als Veranstaltungstag haben die Schülerinnen und Schüler bewusst gewählt. An diesem Tag vor 85 Jahren hat ein weiterer Widerstandskämpfer aus der Region, Georg Elser aus Königsbronn, in München einen Sprenstoffanschlag auf Adolf Hitler vorbereitet. Der Anschlag scheiterte, Georg Elser wurde 1945 im KZ Dachau ermordet.
Außerdem jährt sich am Samstag die Reichspogromnacht: In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 begann die offene, systematische Judenverfolgung der Nationalsozialisten. Synagogen, Geschäfte und Wohnhäuser der jüdischen Bevölkerung wurden niedergebrannt, zerstört und geplündert, Jüdinnen und Juden angegriffen und deportiert.