Außerordentliche Hauptversammlung für Anleger

Sanierung bei VARTA: Kleinaktionäre wehren sich gegen kalte Enteignung

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Autor/in
Maja Nötzel
SWR-Aktuell Redakteurin Maja Nötzel
Martin Miecznik
SWR Aktuell Autor Martin Miecznik

Der Batteriehersteller VARTA aus Ellwangen hat am Montag die Aktionäre über die Sanierungspläne informiert. Gegen eine Enteignung wollen sich die Anleger notfalls vor Gericht wehren.

Der angeschlagene Batteriehersteller VARTA aus Ellwangen im Ostalbkreis hat am Montag in einer außerordentlichen Hauptversammlung die Aktionäre über seine Sanierungspläne informiert: Dabei sollen die Kleinaktionäre leer ausgehen. Und die wollen sich dagegen wehren - notfalls vor Gericht.

Schuldenschnitt bei VARTA: Kleinaktionäre sind enttäuscht

Marc Brugger aus Friedrichshafen hat 50 VARTA-Aktien. Als er sie gekauft hatte, war jede an die 100 Euro Wert, also 5.000 Euro das ganze Paket. Heute liegt der Wert bei 75 Euro, also 1,50 Euro pro Aktie - und bald sind diese Aktien vollkommen wertlos. "Als Aktienkäufer und Aktionär war mir stets bewusst, dass bei dieser Anlageform ein gewisses Restrisiko besteht. Jedoch um genau dieses Risiko deutlich zu minimieren, habe ich mich unter anderem für ein deutsches Unternehmen wie VARTA, gelistet am deutschen Aktienmarkt, entschieden", sagte der Kleinaktionär dem SWR.

Dieses Vertrauen wird nun enttäuscht. Marc Brugger ist dabei nicht allein. Derzeit sind noch 49,9 Prozent der Aktien im Besitz von Kleinanlegern. Keiner von ihnen mit mehr als einer Million Euro. Die restlichen 50,1 Prozent der VARTA-Aktien hält der Mehrheitsaktionär Michael Tojner über das Unternehmen Montana Tech Components.

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Außerordentliche Hauptversammlung für Aktionäre

Bei der außerordentlichen, rein virtuellen Hauptversammlung am Montag wurden die Aktionäre über die Sanierungspläne informiert: Alle Aktien sollen auf Null gesetzt werden, alle Aktionäre scheiden ohne Kompensation aus, der Konzern verliert seine Börsennotierung. Das soll nach Abschluss des StaRUG-Verfahrens (s. Infobox) erfolgen. Wann das Verfahren abgeschlossen sein wird, hängt von vielen Faktoren im Verlauf des Verfahrens ab und kann derzeit nicht vorhersagt werden, teilt das Unternehmen auf seiner Internetseite mit.

Laut Deutscher Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz könnte der Restrukturierungsplan für VARTA im Oktober vorgelegt werden. Frühestens im November soll dann bei einem Erörterungstermin über die Pläne abgestimmt werden, bei denen die Aktionäre dann Widerspruch einlegen können.

Ist das Verfahren einmal abgeschlossen, sollen wieder Aktien ausgegeben werden, allerdings nur an den Mehrheitsaktionär Tojner und den Sportwagenbauer Porsche. Beide lassen sich das je 30 Millionen Euro kosten, von den Gläubigern kommen weitere 60 Millionen als Darlehen.

Laut VARTA-Chef Michael Ostermann ist dies ein wichtiger Schritt für den Batteriehersteller, ein Meilenstein auf dem Weg zur Sanierung und Restrukturierung. Wie Ostermann dem SWR vor der Versammlung am Montag sagte, sei die Enteignung die Bedingung für den Schuldenschnitt und die Neufinanzierung.

Kleinaktionäre wollen an VARTA-Sanierung beteiligt werden

Ohne den Schuldenschnitt müsse VARTA in die Insolvenz gehen, das habe dann laut Ostermann für die Aktionäre das gleiche Ergebnis: Sie würden alles verlieren. Betroffen seien rund 4.000 Einzelaktionäre, so Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapiergeschäft, kurz DSW. Tüngler will erreichen, dass auch die Kleinaktionäre an der Zukunft von VARTA teilhaben können - nicht nur Tojner und Porsche. "Wir wollen, dass alle Aktionäre dieses Bezugsrecht erhalten", sagte Tüngler am Montag dem SWR.

Wenn wir das nicht schaffen auf dem Verhandlungsweg, dann bleibt uns nur noch der Klageweg.

Derzeit würden DSW sowie weitere Aktionärsvertreter um eine Sanierungs-Beteiligung verhandeln. "Wenn wir das nicht schaffen auf dem Verhandlungsweg, dann bleibt uns nur noch der Klageweg", so Tüngler weiter. "Die freien Aktionäre sollen enteignet werden und das entschädigungslos. [...] Das ist ein Skandal."

Ostermann widerspricht: "Aktionäre haben hier nur sehr begrenzt Mitspracherecht." Auch wenn es die VARTA schmerze, sei es durch das StaRUG-Gesetz so vorgesehen. Das Unternehmen bewege sich in den Möglichkeiten des Gesetzes.

Großes Interesse bei der Hauptversammlung

Die außerordentliche Hauptversammlung ging am Montag mehr als acht Stunden, an der ausschließlich die Aktionäre oder ihre Vertreter teilgenommen haben. Sie durften Fragen stellen, außerdem wurde ihnen pro Redebeitrag fünf Minuten Zeit eingeräumt. Mehr als 100 Fragen sowie an die 20 Redebeiträge gab es rund um Enteignung, Schuldenschnitt und das StaRUG-Verfahren, teilte VARTA auf SWR-Anfrage nach der Versammlung mit: "Das Unternehmen [...] könne dies sehr gut nachvollziehen." Die Versammlung sei zwar professionell verlaufen, es habe aber auch "stressige und intensive Momente" gegeben.

VARTA will keine Standorte schließen

Laut Unternehmensangaben arbeiten derzeit 4.000 Mitarbeiter bei VARTA, davon fast 3.000 in Deutschland. 75 Prozent der gesamten Produktionskapazitäten der VARTA liegen in Deutschland. VARTA habe nicht vor, Standorte zu schließen. Allerdings sei ein moderater Abbau von Stellen vorgesehen.

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