Eugen und Rose Heller, 85 und 83 Jahre alt, öffnen die Tür zu ihrer Eigentumswohnung in Tübingen. Gestank schlägt einem entgegen. Überall liegen Berge von Kleidungsstücken, Verpackungsmüll und Essensresten. Etliche leere Schnapsflaschen liegen und stehen herum. Die Mieterin ist vor zwei Monaten nach viel Hin und Her und letztlich einer Zwangsräumung ausgezogen, aber ihr Chaos ist geblieben.
Albtraum für Vermieter: Schranktüren herausgerissen, Löcher in Wände geschlagen
Eugen Heller geht mit vorsichtigen Schritten durch das Chaos in seiner Wohnung. In einige Zimmertüren und Wände wurden Löcher geschlagen. Die Schranktüren der Küche sind teils herausgerissen worden. "Das gibt eine neue Küche", sagt Eugen Heller. Doch noch kann das Paar gar nichts tun. Denn ohne die schriftliche Genehmigung der Mieterin dürfen sie die Wohnung nicht ausräumen. Schon öfter waren sie mit ihr verabredet, damit sie die Genehmigung unterschreibt. Aber aufgetaucht ist die Mieterin nie. Dass sie mal in eine solche Situation kommen, hätten sie nicht gedacht.
Beschwerden der Nachbarn, Besuche von der Polizei
Im Dezember 2022 unterschreibt eine junge Frau den Mietvertrag für die Wohnung. Ihre Unterlagen sehen gut aus. Sie ist in Ausbildung, hat also ein Einkommen. Das ist den Hellers wichtig. Doch bereits nach der ersten Nacht nach ihrem Einzug beschweren sich die Nachbarn wegen der Lautstärke. Die Hellers vermuten zunächst einfach eine Einzugsparty.
Aber die Nachbarn beschweren sich weiter. Es sei zu laut und in der Wohnung werde randaliert. Immer wieder rufen sie auch die Polizei. Die sei teils drei- bis viermal pro Woche dagewesen. Auch Mietzahlungen bleiben immer wieder aus.
Strafanzeigen und Kündigungen der Vermieter ohne Konsequenzen
Als Grund für das Verhalten der Mieterin vermuten die Hellers ein Drogenproblem. Sie versuchen Kontakt zur Mieterin und auch zu ihrer Mutter aufzunehmen. Mit der Mutter gibt es ein gutes Gespräch, erzählt Rose Heller. Das Paar schöpft Hoffnung. Aber dann passiert nichts mehr. Weder Mutter noch Tochter reagieren auf Briefe und Anrufe. Immer wieder stellen die Hellers Strafanzeigen, schreiben Abmahnungen und sogar Kündigungen, teils auch durch eine Anwältin. Doch außer ein paar Mietnachzahlungen passiert nichts.
Anwältin in Tübingen empfiehlt "schnelles Handeln"
Dagmar König kennt solche Fälle. Sie ist Anwältin und die Vorsitzende von Haus und Grund, einem Tübinger Verein, der sich für die Interessen von Vermietern einsetzt. Es sei natürlich richtig, erst einmal das Gespräch zu suchen, so König. Aber wenn dann nichts passiere, helfe eigentlich nichts außer schnell kündigen: "Und wenn der Mieter dann nicht auszieht, dann auch zügig vor Gericht gehen. Das ist die einzige Möglichkeit, dem Schrecken ein Ende zu bereiten", sagt die Anwältin.
Vor Gericht gehen die Hellers schließlich im Februar dieses Jahres. Im Mai kommt dann die Zwangsvollstreckung: Die Mieterin muss raus. Erledigt ist die Geschichte für die beiden über Achtzigjährigen damit noch nicht. Denn für die Renovierung, so schätzt Eugen Heller, werden wohl 10.000 bis 20.000 Euro auf sie zukommen. Dazu kommen Anwalts- und Gerichtskosten. Auf allen Kosten wird das Paar wohl sitzen bleiben.
Einige Vermieter lassen ihre Wohnung lieber leerstehen
So etwas sei für einige Vermieter eine richtige Katastrophe, meint Anwältin König. Denn viele sähen ihre Immobilien als eine Art Altersvorsorge. Stattdessen gebe es dann aber zum Teil mehr Kosten als Einnahmen. Immer wieder höre sie von Vermietern, dass sie ihre Wohnung am liebsten leer stehenlassen würden.
Auch den Hellers fällt der Gedanke an eine Neuvermietung schwer. "Das Vertrauen ist dahin", sagt Rose Heller. Immerhin: Die ehemalige Mieterin erscheint dann doch noch und unterschreibt die Genehmigung. Zumindest können sie jetzt also die Wohnung räumen lassen.