Kissenbezüge, Tischoberflächen und Armaturenbretter aus nachhaltigem Kunststoff? Der Unternehmer Thomas Helle aus Tübingen sagt: Das könnte bald großindustriell möglich sein. In seinem kleinen Unternehmen Novis in Tübingen versucht er, Bakterien so zu züchten, dass sie Biokunststoffe herstellen können.
Thomas Helle testet erste Produkte aus Biokunststoff bereits. Die Vision des Tübinger Unternehmers ist, dass künftig ganze Produktionskreisläufe ihre Energie aus dem eigenen CO2-Abgas speisen.
Energie nachhaltig produzieren
Thomas Helle war 30 Jahre lang Unternehmensberater und wollte nicht mehr nur "heiße Luft produzieren", wie er erzählt. Er gründete das Start-up Novis in Tübingen, um Energie-Projekte in Afrika zu verwirklichen. So half er beispielsweise, ein afrikanisches Dorf zu elektrifizieren. Die Projekte scheiterten, denn es sei schwierig mit wenig Geld eine Energieversorgung aus dem Nichts zu errichten, so Helle. Obwohl er sich auf Biogasanlagen in Europa spezialisiert hat, tüftelt er weiter an neuen nachhaltigen Ideen, um Energie zu produzieren.
Cyanobakterien als Schlüssel zur Nachhaltigkeit
Vor mehr als zwei Jahren stieß Helle auf die Forschung von Dr. Karl Forchhammer, Leiter der Mikrobiologie der Universität Tübingen. Dieser forschte bereits zu Cyanobakterien - einer Algenart. Mit diesen Algen ist es möglich, Biokunststoff herzustellen. Helle erkannte das Potenzial und versucht nun, die Züchtung der Algen für die Industrie zu optimieren.
In großen grünen Tanks im Keller des Technologie Zentrums in Tübingen wird experimentiert. Die Algen brauchen nur drei Dinge, um den Biokunststoff PHB herzustellen: Licht, CO2 und ein paar Nährstoffe. Für die passende Lichtzufuhr hat das Team um Helle beispielsweise Leuchtstäbe entwickelt, die in hohen Tanks effizienter wirken als Sonnenlicht.
Mit Algen CO2 recyclen
Die Idee hinter dem Projekt: Den Abfallstoff CO2 in großen Produktionen zu recyceln und in den Kohlestoffkreislauf zurückzuführen. Der Reifenhersteller Continental ist Partner und Versuchsobjekt von Novis. Bis 2030 soll soll in einem Werk des Unternehmens durch Algen nachhaltig produzieren können. Wie das geht?
Helle erklärt: Zunächst soll das CO2 aus dem Schornstein gezogen und zur Speicherung verflüssigt werden. Das später wieder gasförmige CO2 wird dann gemeinsam mit Licht und einem Mix aus Nährstoffen den Algen zu fressen gegeben. Diese produzieren dann das Biopolymer PHB, woraus der Biokunststoff besteht. Dieser Kunststoff kann dann für Oberflächenbeschichtungen genutzt werden. Haben die Möbel oder Armaturen das Zeitliche gesegnet, können die Oberflächen wieder abgezogen und in Biogasanlagen vergärt werden. Dort entsteht dann Strom und wiederum CO2, das gefiltert wird. Somit ist der Kreislauf geschlossen.
Deutsche Umwelthilfe: Nachhaltig, aber trotzdem Plastik
Zwar ist der Prozess zur Bioplastik-Herstellung nachhaltig, aber Plastik bleibt Plastik, sagen Vereine wie die Deutsche Umwelthilfe. Bioplastik ändere außerdem nichts am Konsum der Menschen, so die Deutsche Umwelthilfe. Es könne sogar dazu führen, dass aufgrund eines Biosiegels der Konsum wieder steigt.
Helle hingegen meint, dass jeder Mensch bei sich selbst anfangen muss, um nachhaltig etwas zu verändern. Wenn schon Plastik in der Umwelt lande, wäre es besser, wenn es abbaubares Bioplastik ist. Wie lange der Biokunststoff von Helle braucht, um in der Natur zu verwesen, ist noch unklar. Ungefähr ein Jahr dauert es schätzt Helle, nachdem er seine Produkte im eigenen Garten getestet hat.
Biokunststoffe in der Zukunft
Thomas Helle hofft, dass er mit seinen Entwicklungen und Forschungen zu einer Wende hin zu klimafreundlicheren Produktionen beitragen kann: "Man muss dem Klimawandel und den Emissionen mit Technologie begegnen, nicht mit Hysterie." Von der Politik wünscht er sich, dass Sie den CO2-Preis nach und nach erhöht. Dadurch würde herkömmliches, erdölbasiertes Plastik teurer werden.