Gesamtansicht auf eine vier auf fünf Meter große Holzdecke einer keltischen Grabkammer in Riedlingen.

Archäologen sprechen von höchst seltenem Fund

"Kleine Sensation": Keltische Grabkammer in Riedlingen ausgegraben

Stand
Autor/in
Andrea Schuster
Andrea Schuster arbeitet in der aktuellen Redaktion des SWR in Tübingen
Friederike Dauser
Friederike Dauser ist Reporterin und Redakteurin für Hörfunk und Online beim SWR im Studio Tübingen.

Auf einem Acker bei Riedlingen sind Archäologen auf eine Rarität gestoßen: eine komplett erhaltene Grabkammer aus Holz. Errichtet wurde sie 585 vor Christus, der Zeit der Kelten.

In Riedlingen (Kreis Biberach) ist außerhalb der Stadt auf einem Feld ein urgeschichtliches Relikt entdeckt worden: eine rund 2.600 Jahre alte Grabkammer aus massiven Eichenhölzern - komplett erhalten und damit eine archäologische Rarität, wie es in einem Schreiben des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen heißt. Vier mal fünf Meter groß ist die Kammer.

Laut dem Landesarchäologen Dirk Krausse hat man in Mitteleuropa zuvor erst einmal eine solche Kammer entdeckt, 1890 in Villingen im Schwarzwald. Der Fundort liegt nahe den bekannten Keltenorten Heuneburg und Bussen.

Fund ist eine Sensation

Gräberfunde gibt es in Baden-Württemberg viele, aus ganz verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte. Eine ganze Grabkammer aus der Keltenzeit im fünften und sechsten Jahrhundert vor Christus sei aber viel mehr, das sei eine "kleine Sensation", sagte Landesarchäologe Dirk Krausse dem SWR.

Dicke Eichenbalken aus dem 6. Jahrhundert vor Christus, die die Decke einer keltischen Grabkammer bilden.
Die dicken Eichenstämme der Decke und die Konstruktion haben sich in dem lehmigen Boden gut erhalten. Kurz nach der Freilegung wurden sie in ein chemisches Bad gelegt, um sie zu erhalten.

Grabkammer wurde bereits in der Antike geplündert

Im August haben die Archäologen angefangen, die Deckenbalken abzutragen. Damals konnte man schon die Wände der Grabkammer sehen. Über die Jahresringe an den Holzstämmen erhofft sich die Wissenschaft eine genaue Datierung des Fundes. Ein Artefakt aus der Kammer konnte bereits auf das Jahr 585 vor Christus datiert werden.

Auch die Keltenfürstin wurde damals bestattet

Für den Landesarchäologen Krausse ist das ein höchst interessantes Datum. Denn auf dieselbe Zeit, 583, wurde das 2010 gehobene Fürstinnengrab am Bettelbühl bei der Heuneburg (Kreis Sigmaringen) datiert. Und gut hundert Meter weiter hat man zehn Jahre später ein weiteres Fürstengrab aus der Stadt "Pyrene", wie die Heuneburg auch genannt wird, geborgen. Für den Experten bedeutet der Riedlinger Fund, dass die keltische Oberschicht ihre Toten nicht nur im nahen Umfeld der Heuneburg bestattet hat, sondern auch etwas weiter weg, wie im acht Kilometer entfernten heutigen Riedlingen. Von dort ist auch der Bussen nicht weit weg, man sieht ihn sogar. Auch dort gab es eine keltische Siedlung.

Siedlungen entlang der Donau

Wie waren diese Orte verbunden? Eine Frage, die Krausse umtreibt. Er geht von einer Verbindung aus, die auch mit den dortigen Wasserwegen - allen voran der Donau - zusammenhängt. Für ihn ist es immer wieder ein ganz besonderes Gefühl, neue und noch geheimnisvolle Spuren der Kelten zu entdecken:

Hölzer müssen jetzt konserviert werden

Frisch freigelegt nach über 2.500 Jahren, dürfen die Eichenbalken nicht lange an der Luft bleiben, erklärte Krausse dem SWR. Denn sonst gingen sie ganz schnell kaputt. Erst einmal müssen sie deshalb in chemischen Bädern getränkt werden. Direkt an der Ausgrabungsstelle in Plastikwannen, dann in der Restaurierungswerkstatt des Landesdenkmalamtes in der Nähe von Fellbach (Rems-Murr-Kreis). Anschließend werden sie gefriergetrocknet und werden dadurch haltbar gemacht. Dieser Prozess dauert rund drei Jahre.

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