Rückhaltebecken und breite Gewässerbetten

Tübingen und Reutlingen: Wenn Hochwasserschutz funktioniert

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Autor/in
Tim Richter
Tim Richter ist Reporter für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Vollgelaufene Keller, weggespülte Autos - die jüngsten Unwetter haben vielerorts Spuren hinterlassen. Es gibt aber Orte, die glimpflich davon gekommen sind - dank Hochwasserschutz.

Im Tübinger Teilort Bühl und im Reutlinger Stadtteil Betzingen hat der Hochwasserschutz gewirkt. Überflutete Straßen und Häuser voller Schlamm, so wie an vielen anderen Orten in Baden-Württemberg, gab es dort nicht.

Hochwasserschutz in Bühl mit erfolgreichem Debüt

In Bühl kam das Hochwasserrückhaltebecken laut der Stadt Tübingen am Montag das erste Mal zum Einsatz. Und das mit Erfolg: Das Becken mit einem Volumen von 131.000 Kubikmetern ist zu Dreivierteln vollgelaufen. Wassermassen, die so von Häusern und Straßen ferngehalten werden konnten. Von großen Schäden blieb der Teilort deswegen verschont. Das Wasser aus dem Becken wurde planmäßig entleert.

Das Rückhaltebecken in Bühl gibt es seit vier Jahren. Auslöser für den Bau war ein schweres Hochwasser 2003. Straßen, Spielplätze, Häuser standen damals unter Wasser. Der Trautbach und der Bühlertalbach wurden zu einem reißenden Fluss. Nach dem Hochwasser gründete sich eine Bürgerinitiative. Das Ziel: Bühl vor weiteren Hochwassern schützen.

Die Bürgerinitiative hat sich für unterschiedliche Umbauten eingesetzt. Am Trautbach beispielsweise wurde die Rohrleitung auf ein zweites Rohr ausgeweitet, die angrenzende Straße um 60 Zentimeter erhöht. So kann das Wasser besser in die Rohrleitung abfließen. Für den Bühlertalbach ist das Rückhaltebecken entstanden, das in einen 330 Meter langen Staudamm eingebunden ist. Die Bauarbeiten für den Hochwasserschutz dauerten knapp zwei Jahre.

Reutlingen: Breiteres Bachbett und neue Brücken gegen Hochwasser

Auch im Reutlinger Teilort Betzingen hat man aus vergangenen Hochwassern gelernt. Dort ist die Echaz immer wieder an verschiedenen Stellen über die Ufer getreten und hat hohe Schäden verursacht. Seit 2016 arbeitet die Stadt deswegen gemeinsam mit der Stadtentwässerung Reutlingen daran, den Bach auch bei Starkregen unter Kontrolle zu kriegen, so auch in den vergangenen Tagen. Das hat Früchte getragen.

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Bei bis zu 90 Litern Regen auf einen Quadratmeter innerhalb von nur drei Tagen ist die Echaz nach Angaben der Feuerwehr dieses Mal in ihrem Flussbett geblieben. Das hat die Reutlinger Stadtentwässerung genau für solche Notfälle an mehreren Stellen ausgeweitet, so zum Beispiel am "Goasgarten" in Betzingen. Das Bachufer hat man dort 2020 naturnah umgestaltet, sodass die Echaz mehr Platz hat.

Der Reutlinger OB Keck steht vor dem renaturierten Goasgarten an der Echaz in Reutlingen-Betzingen.
Die "Goasgärten" in Reutlingen-Betzingen wurden renaturiert. OB Thomas Keck (SPD) ist von dem Hochwasserschutzkonzept überzeugt.

Das ist ein Teil des "Hochwasserschutz-Entwicklungskonzepts Betzingen". Ein weiteres Projekt ist gerade frisch in der Mache. Seit Montag wird eine alte Brücke an der Echaz abgetragen. Denn die Brücke ist zu tief und damit zu nah am Wasser. Äste und Treibholz haben den Durchlauf für das Gewässer schnell verstopft. Jetzt wird die Brücke 70 Zentimeter höher aufgebaut, um der Echaz mehr Platz zu geben. Außerdem werden Hochwasserschutzwände angebracht. Bis voraussichtlich 2025 sollen Brücke und Schutzwände stehen. Knapp drei Millionen Euro kostet das. Das Land übernimmt einen Teil.

Die alte Brücke in Betzingen-Reutlingen wird zum Hochwasserschutz abgetragen und 70 Zentimeter höher wieder aufgebaut.
Die alte Brücke in Betzingen-Reutlingen wird zum Hochwasserschutz abgetragen und 70 Zentimeter höher wieder aufgebaut.

Insgesamt sind noch zwei weitere Projekte für das "Hochwasserschutz-Entwicklungskonzept Betzingen" angesetzt. Unter anderem sollen laut der Stadt beim "Flaschenhals", einer Engstelle der Echaz, Gebäude abgerissen werden, um das Gewässer auszubauen.

Rückhaltebecken hilft auch im Bodenseekreis

Ein großes Rückhaltebecken gibt es im Naturschutzgebiet Aachtobel (Bodenseekreis). Das Becken war nach dem Starkregen am Wochenende mit einer Million Kubikmeter vollgelaufen und hatte schlimmere Schäden durch die Linzer Aach im Salemertal und Frickingen verhindert. Wegen der großen Regenmengen gab es in Salem aber teils nasse Keller.

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Auch in Leutkirch-Urlau (Bodenseekreis) ist das Überlaufbecken mit einer Million Kubikmeter Wasser vollgelaufen. Weitere Wassermassen sind dann in das Moorgebiet und Rückhaltebecken in Taufach-Fetzachmoos geflossen. Laut dem Regierungspräsidium Tübingen floss durch den normalerweise kleinen Bach Eschach am Montagmorgen rund 30 Mal so viel Wasser wie sonst. Größere Schäden blieben aus. Wäre aber auch das Moorgebiet vollgelaufen, hätten die Wassermassen gestoppt werden müssen und die Eschach hätte die Stadt überfluten können, so Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle (parteilos) am Montag. Um auch für solche Szenarien gewappnet zu sein, kamen bei den Verantwortlichen der Stadt Fragen nach weiteren Flächen auf, die bei Hochwasser geflutet werden können.

BUND ruft zu langfristigem Hochwasserschutz auf

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) appelliert: Es braucht dringend ein langfristiges Umdenken im Hochwasser- und Naturschutz. Starkregenereignisse und Hochwasser werden durch den Klimawandel auch in Zukunft immer häufiger auftreten, so der BUND. Um dafür gewappnet zu sein, brauche es eine Vielzahl von Maßnahmen, die in der Klimaschutzpolitik konsequent umgesetzt werden. Der BUND fordert unter anderem weniger versiegelte Böden und mehr Raum für Bäche und Flüsse.

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