Die Internationale Islamische Gemeinschaft Reutlingen (IIG) wehrt sich derzeit vehement gegen Vorwürfe, die vor allem im Netz laut geworden sind. Das als rechtspopulistisch geltende Online-Nachrichtenportal "NiUS" um den ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt ordnet Koranverse, die während einer Predigt im April 2024 in der Al-Ikhlas-Moschee in Reutlingen zu hören waren, als Aufruf zum Töten Ungläubiger ein. Reichelt und sein Team bezeichnen darüber hinaus den Reutlinger Moschee-Verein als radikale und salafistische Gemeinschaft, die mit der Stadt Reutlingen zusammenarbeitet.
Die IIG, die die Moschee in Reutlingen betreibt, ist entsetzt. Die Verse seien völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden, so der stellvertretende Vorsitzende Mohammad Hafafsa im SWR-Interview. Dass im Fastenmonat Ramadan der Koran komplett rezitiert werde, sei normal. Mit einem Aufruf zur Tötung von Menschen habe das nichts zu tun, empört sich Hafafsa.
Video aus Reutlingen wurde in Nachrichtensendung gezeigt
Das Video mit Ausschnitten der Predigt wurde in der "NiUS"-Nachrichtensendung vom 16. Dezember 2024 gezeigt. Ob es jemand den "NiUS"-Journalisten in Berlin zugespielt hat oder sie selbst im Netz darauf aufmerksam geworden sind, weiß der Moschee-Verein nicht. Tatsächlich wurde das Video vom Verein gemacht und dem Gastprediger aus Algerien zugeschickt. Dieser habe das Video einige Monat später auf dem Youtube-Kanal im Internet hochgeladen.
Polizei Reutlingen: Aufnahmen seit geraumer Zeit bekannt
Der Reutlinger Polizei sind die Aufnahmen aus der Al-Ikhlas-Moschee seit geraumer Zeit bekannt, wie Sprecherin Andrea Kopp mitteilte. Strafbar sei das reine Zitieren solcher Verse in einer Predigt nicht, so Kopp. Polizei, Justiz und andere Sicherheitsbehörden reagierten aber stets sehr sensibel auf solche Informationen und prüften jeden Einzelfall. Das sei auch hier geschehen. Eine rechtliche Prüfung durch die Staatsanwaltschaft ergab jedoch, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt, teilte die Reutlinger Polizei mit.
Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet Moschee-Verein
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (LfV) beobachtet die IIG Reutlingen. Auf Anfrage des SWR, ob der Verfassungsschutz den Fall Reutlingen ebenso geprüft hat, teilt das LfV mit: "Die Al-Ikhlas-Moschee bzw. die Internationale Islamische Gemeinschaft in Reutlingen sind dem LfV bekannt. Sie werden der salafistischen Szene zugerechnet."
Stadt Reutlingen kooperiert mit Religionsgemeinschaft
Die Aufregung um die Al-Ikhlas-Moschee beschäftigt auch die Stadt Reutlingen. Die Verwaltung will mit Muslimen und anderen Religionsgemeinschaften im Gespräch bleiben. Mit einem vom Gemeinderat abgesegneten Integrationskonzept sollen ein offenes Miteinander und eine aktive Gestaltung der religiösen Vielfalt gepflegt werden, steht auf der Website der Stadt. Dazu zählt auch die Kooperation mit der Internationalen Islamischen Gemeinschaft.
Gespräche zwischen Stadt und Moschee-Verein
Es sei wichtig, wie Aussagen in Religionsgemeinschaften diskutiert und ausgelegt werden, teilte die Stadt schriftlich mit. Aus dem besagten Videoausschnitt ist der Kontext, in dem die Rezitation eingebunden ist, nicht erkennbar. Deshalb werde man mit dem Moschee-Verein in Kontakt treten und die Dinge klären. Der stellvertretende Vorsitzende der IIG, Muhammad Hafafsa, bestätigte dem SWR, dass es bereits Gespräche mit der Stadt wegen der Predigt im Ramadan gegeben hat.