Das Reutlinger Kaffeehäusle feiert in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag. Es wurde als offenes Café und Begegnungsstätte gegründet. Als eines der ersten inklusiven Cafés in Baden-Württemberg war es Vorbild für andere Vereine und Initiativen.
Bis heute ist das Kaffeehäusle ein beliebter Treffpunkt. Das Publikum ist ganz gemischt: Menschen in Krawatten, Mütter und Väter mit Kindern, Handwerker, ältere und junge Leute. Sie kommen nicht nur wegen des selbst gebackenen Kuchens, sondern auch wegen der besonderen Atmosphäre. Barbara Haas war bei der Gründung im April 1984 eine der ersten Ehrenamtlichen im Kaffeehäusle.
Anfänge im Kaffeehäusle waren abenteuerlich
Damals,1984, gab es drei Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. Das alles aufzubauen habe viel Spaß gemacht, sei zum Teil aber auch abenteuerlich gewesen, sagt die heute 85-Jährige. Denn alles war neu, nicht nur für die Beschäftigten mit Behinderung, sondern auch für die Haupt- und Ehrenamtlichen.
Obwohl Barbara Haas ihren Job im Kaffeehäusle Reutlingen schon vor 20 Jahren abgegeben hat, fühlt sie sich dort noch immer wie daheim. "Ich weiß noch, wie das Müsli geht, wie die Eisbecher gehen, wie der Salat. Also, ich glaub, in einer Woche wäre ich wieder gut eingearbeitet", sagt Haas und lacht.

Nur ein Kühlschrank und Filterkaffee
Verändert hat sich im Lauf der 40 Jahre aber doch einiges. Die 85-Jährige schaut sich um. Beim Blick zur Theke muss sie schmunzeln. Dort gab es früher nur ein einziges Regal. Und auch sonst hat so manches an Ausstattung gefehlt.
Die Auswahl bei den Getränken war klein. Eine Kaffeemaschine, wie in der Gastronomie üblich, gab es nicht, lediglich zwei haushaltsübliche Filtermaschinen. Heißes Wasser kam nicht aus der Leitung, sondern aus einem kleinen Boiler. Die Küche war mini. Nur ein Kühlschrank und eine ganz normale Spülmaschine passten rein. Im Gastraum standen fünf Tische. Erst nach einem Umbau 1996 war im Kaffeehäusle mehr Platz für Gäste und Ausstattung.

Gäste schätzen Atmosphäre im Kaffeehäusle Reutlingen
Bis heute ist es noch immer "mein Kaffeehäusle", sagt Barbara Haas, die ehemalige Mitarbeiterin. Es ist ein Wohlfühlort, fast wie ein Wohnzimmer, um das sich Menschen mit und ohne Behinderung kümmern. Große helle Fenster, kleine und große Tische, eine liebevolle Dekoration. An den Fenstern baumeln alte Kaffeekännchen und Silberbesteck. Im Garten am Zaun hängen Teekannen mit Goldrand.
"Mein Kaffeehäusle" - das sagen auch die Gäste. Vor allem die Begrüßung der Mitarbeitenden sei so herzlich, man fühle sich fast wie zuhause.

Wer kommt, weiß: Nicht alles läuft immer exakt nach Plan. Barbara Haas erinnert sich gut an eine Geschichte mit Andi. Ein junger Mann mit Behinderung sollte drei Tassen Kaffee zu einem Tisch bringen. Er sei mit einer Tasse an die Theke zurückgekommen mit den Worten: "Oh Frau Haas, di wellet nur zwei Kaffee." Andi sei traurig gewesen. Dabei habe er alles richtig gemacht, es sei ihr ein Fehler bei der Bestellung unterlaufen, nicht ihm, erklärte ihm Haas. Der umarmt sie daraufhin fest und strahlte. Auch das sei einfach Kaffeehäusle.