Mitarbeiterin Clara Neumeyer lässt den Espresso in eine kleine Tasse laufen. Mit schaumiger Milch füllt sie das Getränk auf, ganz zum Schluss zieht sie ein Herz mit der Milch. Die Siebträgermaschine, aus der der Kaffee kommt, habe ihre Azubi-Kollegin Joana selbst ausgesucht. "Zum Missglück unseres Chefs, weil das eine der Teuersten war. Aber dafür auch eine der Besten", sagt sie und lacht. Die 19-Jährige startet im September ihre Ausbildung als Veranstaltungskauffrau.

Rottenburg: Azubis planen fast alles selbst
Die Azubis beim Lokal "Zum Stift" entscheiden alles rund ums Lokal selbst: Einrichtung, Speisekarte, Essen. Es soll Joana, Issam und Clara die Möglichkeit geben, das Erlernte und Wissen aus der Berufsschule anzuwenden. Der "Oberchef" ist Aico Horn. Er hat "Zum Stift" gegründet und ist Geschäftsführer. Horn begleitet die Azubis bei ihren Entscheidungen.
Rottenburger Lokal: Als Dessert gibt es Nutellabrot
Joana Müßigmann, die eine Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau macht, hatte für die Speisekarte eine kreative Idee. Das Frühstück sollen die Kunden sich individuell selbst zusammenstellen. Auf einer Liste können sie ankreuzen, welche Komponenten sie wollen. "Wenn ich frühstücken gehe, gibt es immer eine Sache, die ich nicht mag und die ich mitbestellen muss", sagt die 24-Jährige. So würden außerdem weniger Lebensmittel verschwendet. Dass die Speisekarte von jungen Menschen erstellt ist, zeigt an so mancher Stelle. Als Dessert gibt es Nutellabrot.
Wenige in meiner Berufsschule haben so viel Verantwortung wie ich.
Auch den Namen des Lokals "Zum Stift" haben die Auszubildenden zusammen mit Aico Horn gewählt. Stift, das ist eine Bezeichnung für Auszubildender und wurde vor allem früher verwendet. "Früher war das ja eher eine abwertende Bezeichnung. Aber bei uns im Unternehmen ist das ein liebevoller Begriff", erklärt Müßigmann.

Mitarbeiter haben zum Chef ein gutes Verhältnis
In der Küche bereitet Issam Boulefra einen Flammkuchen zu. Er streicht Schmand auf den Teig, Zwiebeln und Speck kommen drauf. Alles geht ganz schnell. "Frag mal meinen Chef", sagt er und lacht. Der sage, er könne noch schneller sein.
Das ist aber nicht so schlimm, denn Issam hat Spaß bei der Arbeit: "Ich liebe es, hier zu arbeiten. Ich mag meine Kollegen, meinen Chef auch. Mein Lieblingschef. Der ist sehr nett." Aico Horn habe Issam bei vielen Dingen geholfen, zum Beispiel bei der Wohnungssuche und dem Deutschkurs. Der 27-Jährige ist aus Marokko geflüchtet und lebt seit drei Jahren in Deutschland. Bei "Zum Stift" macht er eine Ausbildung zur Fachkraft für Restaurant- und Veranstaltungsgastronomie.

"Er macht einen super Job, deshalb will ich ihn auch nicht verlieren", erzählt Horn. Seine Mitarbeiter seien das wichtigste für ihn. "Ich sage immer: Wenn man gut zu seinen Mitarbeitern ist, sind sie auch gut zurück – zu mir und zu den Gästen. Das ist auch unser Erfolgsgeheimnis."
Gäste freuen sich über neues Lokal in Rottenburg
Die gute Stimmung kommt auch bei den Gästen an. Ursula ist mit einer guten Freundin im "Zum Stift", sie trinken Kaffee und lachen viel. In das Lokal gehen sie regelmäßig. Ursula findet vor allem die Auszubildenden klasse: "Die lachen immer. Die freuen sich. Ich finde das gut. Man spürt da so einen Spirit." Ein Spirit, der vermutlich auch in nächster Zeit nicht abbrechen wird.