Wer einen Notfall hat, braucht Hilfe - und zwar schnell. Aber der Krankenwagen kommt nicht überall hin, vor allem wenn das Gelände sehr steil oder sumpfig ist oder zu viel Schnee herumliegt. In solchen Fällen eilt die Rettung aus der Luft herbei, per Hubschrauber und Seilwinde. Für die Einsatzkräfte ist das eine immense Herausforderung. Um im Ernstfall perfekt vorbereitet zu sein, sind Mitglieder der DRF Luftrettung und mehrere Bergwachten bei Hinterzarten (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) am Freitag zu einer Übung ausgerückt. Mit von der Partie war auch die erste Hubschrauber-Rettungsspezialistin in Baden-Württemberg, Melanie Immler.
Präzision, Teamwork, Zentimeterarbeit
Über einem steilen Hang mitten im Hochschwarzwald schwebt er - der rot-weiße Rettungshubschrauber Christoph 54. Unten auf der Wiese formt Melanie Immler ein Ypsilon mit ihren Armen, das Zeichen für den sogenannten Windenoperator, der oben an der Kufe des Hubschraubers steht und ein dünnes Stahlseil - kaum breiter als ein Bleistift - runterlässt. Die junge Frau klinkt sich ein und wird nach oben gezogen. Windenrettung - das ist Präzisionsarbeit im Zentimeterbereich.
BWs erste Hubschrauber-Rettungsspezialistin
Melanie Immler aus Albstadt (Zollernalbkreis), geflochtener Zopf, schwäbischer Zungenschlag, ist Baden-Württembergs einzige Hubschrauber-Rettungsspezialistin. Durch eine anspruchsvolle und spezialisierte Ausbildung hat sich Immler für die Rettung aus der Luft qualifiziert. Bei der Bergwacht Zollernalb ist sie regelmäßig im Einsatz. Bisher noch am Boden, aber Rettungen in der Luft sollen bald hinzukommen.
Hauptberuflich ist die 25-Jährige als Polizistin tätig. Das Windentraining, für sie eine gute Übung - so hoch oben im Heli. "Viele sagen immer: Man kann ja die Aussicht genießen", erzählt sie. "Aber ich finde, man hat gar keine Zeit dafür - man achtet auf so viele andere Dinge."
Immer mehr Einsätze mit Seilwinde
Die Voraussetzung für den Einsatz der Rettungswinde ist ein "hindernisfreier Korridor nach oben von mindestens drei mal drei Metern", so die DRF Luftrettung. Mehr als 63-mal habe die Seilwinde von Christoph 54 in diesem Jahr bereits ihre lebensrettende Arbeit verrichtet, erzählt Oliver Barth, Leiter der Luftrettungsstation in Freiburg. Seit fünf Jahren gibt es die Windeneinsätze in Baden-Württemberg. Doch so viele wie in diesem Jahr hatte das Team noch nie - und das Jahr ist noch nicht vorbei. 64 Einsätze waren im vergangenen Jahr.
Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg acht Rettungshubschrauber, aber nur Christoph 54 ist mit einer Winde ausgerüstet. Der Rettungshubschrauber ist am Flugplatz in Freiburg stationiert und innerhalb von drei bis vier Minuten einsatzbereit, erläutert Barth. Damit im Ernstfall nichts schief geht, wird die Luftrettung mit der Seilwinde trainiert - zweimal im Jahr. Mitglieder der DRF Luftrettung und mehrerer Bergwachten üben unter anderem das Abseilen der Helfer und den Transport des Patienten im Rettungssack. Das Zusammenspiel aus Pilot, Notarzt, Windenoperator und Luftrettern wie Melanie Immler erfordert sehr viel Teamwork und auch Vertrauen.